Wie schädlich ist Silvesterfeuerwerk wirklich?
Tausende Tonnen Feinstaub, Müll und aufgescheuchte Tiere: Feuerwerk hat nicht den besten Ruf. Im Saarland soll es in diesem Jahr trotzdem kein Verbot geben. Fakten und Tipps rund um das Thema Umweltschutz und Verletzungsgefahr.
Auch wenn die Fraktionen im saarländischen Landtag gerade erst entschieden haben, dass es im Saarland keine Verbote geben wird, was das Silvesterfeuerwerk angeht: Böllern ist nicht nur bei Umwelt- und Naturschützern umstritten.
„Aus Umweltschutzgründen wäre weniger Feuerwerk auf jeden Fall sinnvoll“, teilt Matthias Weber vom saarländischen Umweltministerium dazu auf SR-Anfrage mit. Das zeige sich unter anderem in der Erfahrung der letzten beiden Jahreswechsel, in denen das Silvesterfeuerwerk weitgehend verboten war.
Vor allem bei der Feinstaubbelastung gibt es deutliche Unterschiede zwischen den Jahreswechseln vor Corona und den Jahreswechseln 2020/2021 und 2021/2022. Heißt konkret: Wenn Böller verboten sind, steigen auch die Feinstaubwerte an Silvester nicht.
Tatsächliche Belastung wetterabhängig
Pro Jahr werden laut Umweltbundesamt in ganz Deutschland rund 2050 Tonnen Feinstaub durch das Abbrennen von Feuerwerkskörpern freigesetzt – 75 Prozent davon in der Silvesternacht. Das entspricht knapp einem Prozent der Gesamtmenge an Feinstaub, die jährlich freigesetzt wird.
Wie hoch die tatsächliche Belastung in den einzelnen Orten dann ist, das hängt vor allem vom Wetter ab. Regnet es in der Silvesternacht, wird der Staub zum Beispiel schneller aus der Luft gewaschen, bei starkem Wind wird er weitflächig verteilt.
Grenzwerte überschritten
Je nach Wetterlage können laut saarländischem Umweltministerium in der Silvesternacht die höchsten Tagesmittelwerte des ganzen Jahres auftreten. Das sei oft auch damit verbunden, dass der Tagesgrenzwert, den die EU vorgibt, überschritten werde. In einem Kalenderjahr darf dieser Wert, der bei 50 µg/m3 für die beim Böllern freigesetzten Partikel liegt, 35 Mal überschritten werden.
So oder so: Expertinnen und Experten sind sich einig, dass Feinstaub gesundheitsgefährdend ist – sowohl bei kurzfristiger hoher Belastung als auch bei langfristiger Belastung. Die Auswirkungen können von vorübergehenden Schwierigkeiten mit der Atmung bis hin zu Herz-Kreislauf-Problemen reichen.
0,00013 Prozent der CO2-Emmissionen
Zu viel Feinstaub birgt also vor allem gesundheitliche Risiken. Anders ist das beim freigesetzten CO2, das als Treibhausgas langfristig den Klimawandel beschleunigt. Nach Angaben des Umweltbundesamtes ist das Silvesterfeuerwerk für rund 0,00013 Prozent der jährlichen deutschen Treibhausgasemmissionen verantwortlich.
Ein „verschwindend geringer“ Anteil, findet der Bundesverband für Pyrotechnik und Kunstfeuerwerk. Auch das Umweltbundesamt spricht von einer „geringen Bedeutung“, die die CO2-Emmissionen aus Silvesterfeuerwerk auf die Umwelt haben.
Branche sieht Verbot kritisch
Das sieht auch Oliver Wetzstein so. Er betreibt selbst eine Feuerwerksfirma in Saarlouis. Ein komplettes Verbot des Silvesterfeuerwerks im privaten Bereich, wie es zum Beispiel die Deutsche Umwelthilfe zuletzt wieder gefordert hatte, sieht Wetzstein kritisch.
„Das Zünden von Feuerwerk hat fast weltweit eine über Jahrhunderte alte Tradition und gehört kulturell zu unserem Jahreswechsel in Deutschland mit dazu.“ Deshalb sollte niemand darauf verzichten müssen, so Wetzstein weiter.
Für ihn und die gesamte Feuerwerksbranche spielen natürlich auch unternehmerische Interessen eine große Rolle. Im Saarland schätzt Wetzstein, der in der Branche hier gut vernetzt ist, den jährlichen Umsatz mit dem Silvesterfeuerwerk auf einen Millionenbetrag.
Gesundheitsgefahr Böller?
Bleibt das Verletzungsrisiko, das Feuerwerk mit sich bringt. Vor allem bei den Verboten in der Coronazeit spielte der Gedanke, Personal und Kapazitäten in den Krankenhäusern zu schonen, eine zentrale Rolle. In der Silvesternacht kommt es nämlich immer wieder zu Unfällen mit Feuerwerkskörpern, die ganz unterschiedlich ausfallen können: Häufig gibt es Verletzungen an den Augen und am Gehör sowie Verbrennungen an den Gliedmaßen.
Die saarländische Ärztekammer hält deshalb Einschränkungen bei privatem Feuerwerk auch weiterhin für sinnvoll – insbesondere wegen der sowieso schon teilweise angespannten Lage in den Krankenhäusern. „Jeder Patient, der durch das Hantieren mit Feuerwerkskörpern verletzt wird, ist einer zu viel. Wenn, dann gehören Silvesterfeuerwerke in die Hände von Profis“, teilte ein Sprecher der Kammer mit.
Umso wichtiger deshalb: der richtige Umgang mit Böllern und Raketen.
Auf Qualität achten
Das saarländische Umweltministerium rät, schon beim Kauf darauf zu achten, dass auf der Verpackung CE-Kennzeichnung und Registrierkennzeichnung aufgedruckt seien.
Auch eine Gebrauchsanleitung auf Deutsch gehört laut Ministerium zum Standard. Sind diese Voraussetzungen nicht erfüllt, „können die Kaufwilligen davon ausgehen, dass mit dem Produkt etwas nicht stimmt und sollten die Finger davon lassen.“
Richtige Lagerung entscheidend
Haben die Feuerwerkskörper nach dieser ersten Prüfung den Weg ins Haus gefunden, sollten die Verbraucherinnen und Verbraucher darauf achten, dass diese auch richtig gelagert werden – heißt zum Beispiel, nicht in der Nähe eines warmen Ofens, neben Kerzen oder Tannenbaum.
Brandgefahr: Reichweite richtig einschätzen
Wichtig zu wissen: Die Funken von Raketen können eine Höhe von bis zu 90 Metern erreichen. Generell sollte Feuerwerk nur dort gezündet werden, wo genug Abstand zu Häusern, Bäumen, Ställen & Co. gehalten werden kann – und zu Wild- und Haustieren, die durch die lauten Explosionen oft verschreckt werden.
Werden diese Punkte beachtet, sieht auch das Umweltministerium keinen Anlass für ein generelles Verbot von Silvesterfeuerwerk im Privaten: „Jeder kann eigenverantwortlich und vernünftig selbst entscheiden, ob er privat ein eigenes Feuerwerk abschießen möchte oder sich doch lieber ein professionelles, öffentliches Feuerwerk anschaut.“