Illustration: Eine Prostituierte trägt roten Lippenstift auf (Foto: picture alliance / dpa | Lukas Schulze)

"Wir müssen Sexarbeit aus der Schmuddelecke holen"

Mit Informationen von Katja Hackmann   02.06.2023 | 20:09 Uhr

Mit dem Welthurentag am 2. Juni sollen die Rechte von Sexarbeiterinnen gestärkt werden. Seit Corona hat sich die Sexarbeit vermehrt ins Private verlagert, gleichzeitig hegen viele Frauen den Wunsch, auszusteigen. Hilfe erhalten sie im Saarland dabei vom Verein Aldona.

Während Corona war die Sexarbeit in Deutschland verboten – auch im Saarland. Einen Rückgang bei der Nachfrage gab es dennoch nicht – so die Einschätzung von Matthias Holzapfel. Er ist Vorsitzender des Vereins ALDONA, einer Beratungsstelle für Sexarbeiterinnen. Stattdessen habe sich die Sexarbeit seit Corona vermehrt ins Private verlagert, so Holzapfel.

„Das birgt natürlich auch größere Gefahren für die Frauen, weil sie häufig mit den Männern allein sind und somit auch tätlichen Übergriffen ohne Schutz ausgesetzt sind.“ Besonders während Corona nutzten einige Freier diese Situation der Frauen aus und verlangten willkürliche Preise.

Video [aktueller bericht, 02.06.2023, Länge: 3:35 Min.]
Rechte von Sexarbeiterinnen am Welthurentag

Nachfrage nach ungeschütztem Geschlechtsverkehr

Ein weiteres Problem, das ein großes Gesundheitsrisiko für die Sexarbeiterinnen darstellt: Die Nachfrage nach ungeschütztem Geschlechtsverkehr. Sie sei ebenfalls gestiegen. Obwohl das Prostitutionsschutzgesetz Geschlechtsverkehr ohne Kondom verbietet, trauten sich einige Frauen allein nicht, auf ihre Rechte zu beharren – zumal die Sexarbeit während Corona eigentlich illegal war.

Dass es überhaupt ein Gesetz gibt, findet Holzapfel trotzdem gut. Dieses müsse jetzt evaluiert und nachgebessert werden. „Es sollte immer darum gehen, die Stellung der Frauen zu verbessern – vor allem die rechtliche Absicherung.“ Die erforderliche Anmeldung der Sexarbeiterinnen sieht Holzapfel als Chance, dass der Beruf in der Gesellschaft als legale Tätigkeit angesehen werde.

Es gebe jedoch auch einige Frauen, die sich aus Angst gegen eine persönliche Anmeldung entscheiden würden. Gründe dafür sind zum Beispiel die Sprachbarriere oder ein illegaler Aufenthaltsstatus der Frau, der bei einer Anmeldung auffallen würde.

Viele Frauen wollen aussteigen

Der Vereinsvorsitzende beobachtet aber auch eine weitere Entwicklung: „Seit Corona wenden sich mehr Frauen mit einem Ausstiegswunsch an uns. Mit dem Projekt DiWA Saar versuchen wir, Frauen dabei zu unterstützen.“

Viele haben beim Ausstieg mit Stigmatisierung zu kämpfen, wenn es darum geht, eine neue Wohnung oder eine neue Arbeitsstelle zu finden. Dann kommt irgendwann die Frage: Was haben Sie denn davor für einen Job gehabt?“

Warum brauchen wir diesen Tag eigentlich?

Bereits seit 1975 wird am 2. Juni der Welthurentag begangen. An diesem Tag geht es um die Rechte von Sexarbeitenden. „Der internationale Welthurentag ist deshalb so wichtig, weil er Sexarbeit als eine Gewerbetätigkeit zeigt. Denn wir müssen Sexarbeit aus der Schmuddelecke holen“, sagt Holzapfel zur Bedeutung des Tages.

In Amsterdam gibt es mittlerweile ein Denkmal für Sexarbeiter und Sexarbeiterinnen, das für mehr Sichtbarkeit sorgen soll. Der Welthurentag ermöglicht es zumindest zu zeigen, dass Sexarbeit auch ein Beruf ist und selbstbestimmt sein kann.

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