Silvester in Berlin - Polizei und Feuerwehr appellieren: "Greift uns nicht an"

Do 28.12.23 | 22:03 Uhr
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Symbolbild: Feuerwehrleute löschen am 29.11.2019 während einer Vorführung ein nachgebautes Wohnzimmer. (Quelle: Picture Alliance/Paul Zinken)
Video: rbb24 | 28.12.2023 | Nachrichten | Bild: Picture Alliance/Paul Zinken

Wenige Tage vor Silvester bereitet sich Berlin auf eine weitere Krawallnacht vor. Einsatzkräfte bitten, nicht angegriffen zu werden. Zivilpolizisten sind bereits auf den Straßen unterwegs, und es werden Forderungen nach einem Präventivgewahrsam laut.

  • Polizei und Feuerwehr in Berlin rufen kurz vor Silvester in Video zur Vernunft auf.
  • Hintergrund sind Angriffe auf Rettungskräfte mit Pyrotechnik im vergangenen Jahr.
  • Bereits jetzt sind laut Polizei Zivilstreifen im Einsatz, um die Einhaltung von Böllerverbotszonen zu kontrollieren.
  • CDU-Innenexperte fordert, auch Präventivgewahrsam in Betracht zu ziehen.

Die Polizei und die Feuerwehr in Berlin warnen zum Start des Feuerwerksverkaufs am Donnerstag mit einem gemeinsamen Video vor dem Missbrauch von Böllern und Raketen. "Wir gehen gemeinsam in den Einsatz. Damit ihr Silvester sicher feiern könnt. Und um euch zu helfen, wenn ihr uns braucht", sagen eine Polizistin, ein Polizist und ein Feuerwehrmann in dem am Mittwoch auf der Plattform X (früher Twitter) veröffentlichten Posting.

"Bitte respektiert unsere Arbeit. Gebt uns genug Platz dafür. Und folgt unseren Anweisungen", heißt es weiter: "Greift uns nicht an. Beschießt uns nicht mit Böllern, Raketen oder Schreckschusswaffen. Ihr macht euch strafbar und euch drohen mehrere Jahre Gefängnis." Die drei Beteiligten appellieren: "Also verbaut euch nicht eure Zukunft. Und respektiert uns. Die Menschen, die für euch und eure Familien da sind."

Mehr Polizisten im Einsatz

Im vergangenen Jahr sorgten Vorfälle für bundesweite Empörung - in der Hauptstadt wurden Rettungskräfte nach Worten von Berlins Polizeipräsidentin Barbara Slowik gezielt in mutmaßliche Hinterhalte gelockt.

In Berlin soll es nun zum Jahreswechsel den größten Polizeieinsatz an Silvester seit Jahrzehnten geben. Slowik sagte am Mittwoch, dass bereits Zivilpolizisten im Stadtgebiet unterwegs seien, um die Lage zu beobachten und Randalierer festzunehmen. Zum Jahreswechsel selbst seien dann insgesamt bis zu 2.500 Beamte aus Berlin und anderen Bundeslänern im Einsatz. Hinzu kämen 500 Bundespolizisten und noch einmal 1.000 Beamte in Wachen und Streifenwagen. Auch mehr Staatsanwälte sollen in der Silvesternacht im Dienst sein.

Planmäßiger Ausnahmezustand wird ausgerufen

Die Berliner Feuerwehr kündigte am Donnerstag an, am Silvesterabend um 19 Uhr planmäßig den Ausnahmezustand auszurufen. Damit einher ginge unter anderem eine personelle Verstärkung der Feuerwachen. Auch Freiwiliige Feuerwehren, Hilfsorganisationen, Bundeswehr und Technisches Hilfswerk würden für den Jahreswechsel eingebunden. Die Feuerwehr gab an, mit 782 hauptamtlichen sowie 545 ehrenamtlichen Feuerwehrkräften im Einsatz zu sein. Insgesamt habe man die Personalstärke im Vergleich zum Regelbetrieb verdreifacht. Man sehe sich als Berliner Feuerwehr daher gut vorbereitet.

Welche Wirkung die Böllerverbotszonen haben werden, ist noch offen - aber die Feuerwehr setzt zudem zu Silvester auf eine technische Neuerung. Die Rettungskräfte können unterwegs online sehen, wo es zu Angriffen kommt. Anfahrende Kräfte, die eventuell nur einen Transfer durch einen derartigen Bereich hätten, könnten diesen auf diese Weise umfahren, sagte der Landesbranddirektor. "Kräfte die in diese Bereiche hineinfahren müssen, können über die zweite technische Neuerung eine direkte Ansprache mit verfügbaren Polizeieinheiten vor Ort eingehen, um Schutz zu erfahren", erklärte Homrighausen.

Feuerwehrgewerkschaft kritisiert Vorbereitung

Feuerwehrsprecher Vinzenz Kasch sagte im rbb24 Inforadio, nach den Übergriffen im vergangenen Jahr habe man in den betroffenen Kiezen Projekte mit Jugendlichen angestoßen und die Zusammenarbeit mit der Polizei intensiviert. "Wir können davon ausgehen, dass es auch wieder solche Szenen wie im vergangenen Jahr geben wird - aber wir haben uns da eben jetzt anders aufgestellt, in der Abstimmung mit der Polizei, in der Information der eigenen Einsatzkräfte", sagte Kasch.

Anders sieht dies die Deutsche Feuerwehrgewerkschaft (DFeuG). Es reiche nicht, wenn der Senat 14 Tage vor Silvester Richtlinien herausgebe, wie man sich bei Angriffen am Einsatzort verhält, kritisierte Manuel Barth, stellvertretender Landesvorsitzender der DFeuG Berlin-Brandenburg, am Mittwoch. Die Einsätze hätten geübt werden müssen, bis es einem in Fleisch und Blut übergehe. Im Gespräch mit Kollegen der Wache Neukölln hätten ihm diese zurückgemeldet, dass ihnen nichts gesagt worden sei, sagte Barth. Unabhängig davon hätte beispielsweise der freie Verkauf von Schreckschusswaffen längst eingeschränkt werden müssen.

"Ich kenne die Kritik. Wenn ich es im September veranlasst hätte, dann ist es zu weit weg von Silvester, man hats nicht mehr im Kurzzeitgedächtnis. Insofern kann man da sicherlich unterschiedlicher Auffassung sein", entgegnete der Berliner Landesbranddirektor Karsten Homrighausen. Am Tag vor Silvester soll es in den Feuerwachen noch mal ein Online-Briefing geben.

Forderung nach Präventivgewahrsam

Der CDU-Innenexperte Burkard Dregger plädiert derweil für ein entschiedenes Vorgehen gegen Straftaten zu Silvester. Nach den Ausschreitungen vor einem Jahr und angesichts der "Emotionalisierung auf Berlins Straßen" nach dem Angriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober sei ein Kurswechsel erforderlich, sagte Dregger am Mittwoch der Deutschen Presse-Agentur.

"Wer öffentlich ankündigt oder dazu aufruft, Polizei, Rettungskräfte, Unbeteiligte oder fremdes Eigentum in der Silvesternacht anzugreifen", sei in Präventivgewahrsam zu nehmen, forderte der innenpolitische Sprecher der CDU-Fraktion im Abgeordnetenhaus.

Das Gleiche gelte für diejenigen, bei denen Waffen, Werkzeuge oder sonstige Gegenstände aufgefunden würden, die ersichtlich dazu bestimmt seien, in der Silvesternacht Polizei, Rettungskräfte, Unbeteiligte oder fremdes Eigentum anzugreifen.

Präventivgewahrsam für die Dauer der Nacht hält Dregger auch bei denen für sinnvoll, die bereits in der Vergangenheit mehrfach aus vergleichbarem Anlass bei Angriffen auf Polizei, Rettungskräfte, Unbeteiligte oder fremdes Eigentum aufgefallen seien - "wenn nach den Umständen eine Wiederholung dieser Verhaltensweise mit überwiegender Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist", so der CDU-Politiker.

Sendung: rbb24 Abendschau, 28.12.23, 19:30 Uhr

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98 Kommentare

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  1. 98.

    Da haben Sie wohl den Freiheitsbegriff falsch verstanden. Freiheit heißt nicht, dass man machen kann, was man will:
    Die Freiheit des einzelnen hört da auf, wo die Freiheit des anderen anfängt.

  2. 97.

    Erstaunlich. Wenn kein Respekt mehr vorhanden ist vor dem Nächsten, muss Angst vor Strafe her. Wie im Straßenverkehr. Ohne Angst vor Strafe würden noch viel mehr Idioten viel zu schnell und rücksichtslos unterwegs sein. Was soll an der Angst vor Strafe schlimm sein.

  3. 96.

    Ein Armutszeugnis für den Staat, der "Chaoten" um etwas bitten muss.
    Festsetzen und die erste Woche des neuen Jahres gebührend in der Zelle beginnen.
    Ja ja, kein Personal, das geht nicht! Dann sollte mal etwas besser überlegt werden.

  4. 95.

    „ Für alle anderen purer Terror und Luftverpestung. “
    Na ein Glück sprechen sie für alle anderen… es soll Leute geben, die Selbst nicht böllern und es trotzdem nicht verbieten wollen. Aber egal… den puren Terror den erst einmal nur sie so empfinden… es sind ein paar Stunden im ganzen Jahr… handeln sie eigenverantwortlich… tun sie etwas was den Terror für sie persönlich verringert… und das bedeutet nicht es allen anderen zu verbieten damit sie sich wohl fühlen.
    Achja und die Luftverpestung… ich gehe davon aus, sie haben ihre Wärmepumpe schon lange in Betrieb oder gilt das mit der Luftverpestung nur für Silvester ?

  5. 94.

    „ außer purer Ignoranz und Egoismus.“
    Also derjenige der für sich Böllern möchte und keinen dazu nötigt das Gleiche zu tun ist ein Egoist. Und derjenige der nicht Böllern will und es allen anderen verbieten möchte ist dann was ? weltoffen und tolerant ?

  6. 93.

    „ ganzen Härte des Gesetzes bestraft werden. Klare Ansagen und Reaktionen schaffen Respekt.“
    Nein, das ist kein Respekt, sondern Angst.
    Wenn ich ihnen Prügel androhe, haben sie Respekt vor mir oder Angst ? Oder nehmen sie mal die DDR hat die Bürger Respekt vor der Stasi oder Angst ?

  7. 92.

    Ich sage nur, wer Böllern will soll das tun können. Leute die Mist bauen bestrafen. Ich bin im Wedding geboren und aufgewachsen, auch dort ist mir nie was passiert.

  8. 91.

    Böllerverbot jetzt! Es gibt keinen einzigen logischen Grund, immer noch an diesem Schwachsinn festzuhalten, außer purer Ignoranz und Egoismus.
    Dieses Silvester wird sicherlich wieder schlimm werden, aber immer mehr Menschen erkennen, wie unsinnig diese Böllerei ist.
    Traditionen sind dafür da, überdacht und angepasst zu werden. Wer das nicht kann, ist einfach nur eine Evolutionsbremse.

  9. 90.

    Warum diese Frage? Eigentlich müsste es heissen: Falls ihr euch nicht korrekt verhalten, dann habt ihr folgende Konsequenzen zu erwarten. Was ist eigentlich so schwer daran, dass auf den Punkt zu bringen. Zum Schutz dieser Gesellschaf mit all ihren friedliebenden Menschen.

  10. 89.

    Ob die Chaoten diesen Aufruf begreifen

  11. 88.

    und Neujahr werden wir wieder die Betroffenheitsrituale der Politiker hören, wie immer

  12. 85.

    Weiter weg ging wohl nicht? In Australien und in Chile ist Hochsommer und Feuerwerk wegen Brandgefahr verboten, so wie in Deutschland im Sommer auch oft und in Amerika wird Feuerwerk üblicher Weise nicht zu Silvester, sondern am Unabhängigkeitstag gezündet und dann auch reichlich. Mit Deutschland vergleichbare Länder mit Böllerverbot gibt es offenbar nicht, diese leidige Diskussion woanders bestimmt auch nicht.

  13. 84.

    Irgendwie witzig, wie viele von denen, die privates Silvester-Feuerwerk als Kulturgut verorten, den Begriff "Silvester" nicht einmal schreiben können...

  14. 83.

    Komisch, bei allem anderen will Deutschland vorne weg gehen. Hier wäre mal eine sinnvolle Chance! Aber nö!

  15. 79.

    Ist das nicht traurig das der Respekt vor helfenden Personen so tief gesunken ist . ?

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