Drogen- und Suchtberatung: Wie wirkt sich die Cannabis-Teillegalisierung aus?
Seit dem 1. April ist Cannabis in geringen Mengen in Deutschland legal. Bereits im Vorfeld wurde das vor allem von Ärzten, Psychiatern und Suchtberatern kritisiert. Sie hatten vor ernsthaften Folgen gewarnt. Im Saarland gibt es derzeit aber offenbar noch keine alarmierenden Zahlen in der Drogen- und Suchtberatung.
Die Teillegalisierung von Cannabis hat im Saarland noch keine großen Auswirkungen in der Arbeit mit suchtkranken und psychisch erkrankten Menschen.
Nur vereinzelt, teilte die Psychiatrische Klinik am Saarbrücker Sonnenberg dem SR mit, seien dort Menschen in Behandlung, die wegen der Legalisierung mit Cannabis in Berührung gekommen seien und eine Psychose entwickelt hätten. Allerdings beobachte man, dass Drogen-Screenings bei Menschen, die stationär aufgenommen werden, jetzt häufiger positiv seien, erklärt Ulrich Seidl, Leiter der Psychiatrie am Sonnenberg.
Für Patienten, die sich in stationäre Psychotherapie begeben, gilt ein Abstinenzgebot. Denn Substanzen wie Alkohol oder eben auch Cannabis behindern die Therapie. Wegen der Legalisierung gebe es nun aber häufiger Diskussionen mit Patienten, sagt Psychiatrie-Leiter Seidel.
Cannabis-Süchtige deutlich jünger als Akohol-Suchterkrankte
In der Drogenberatung für legale Substanzen sind momentan noch keine Effekte zu spüren. „Wir hatten seit dem April insgesamt drei Anfragen, wo es sich nur um die Substanz Cannabis gehandelt hat“ so Birgit Altmeier von der Beratungsstelle der Caritas in Saarbrücken. Diese seien dann aber nicht zur Beratung erschienen.
Trotzdem mache man sich in der Beratungsstelle Gedanken darum, wie man Menschen mit einer Cannabis-Sucht in die Beratungsgruppen intergieren kann. Denn bisher behandeln die Berater im Caritas-Zentrum hauptsächlich Menschen mit Alkoholproblemen. „Wir reden hier ja von einer ganz anderen Altersstufe. Die Menschen, die Cannabis konsumieren und sich beraten lassen, sind in der Regel deutlich jünger als unser bisheriges Klientel. Da liegen also in der Regel 20 Jahre dazwischen“, so Altmaier.
Bisher in Kinder- und Jugendpsychiatrie keine Auswirkungen
Im Bereich der Kinder- und Jugendpsychiatrie lässt sich fünf Monate nach der Teillegalisierung dagegen noch kein Anstieg von Cannabis-indizierten Psychosen feststellen. Eva Möhler, Leiterin der Kinder- und Jugendpsychiatrie an der Uni-Klinik Homburg, verweist allerdings auf Studien aus anderen Ländern, die zeigen, dass der legale Cannabis-Konsum für Erwachsene langfristig auch Auswirkungen auf Kinder und Jugendliche hat.
„Das ‚International Narcotics Control Board‘ hat dazu Daten aus anderen Ländern, in denen Cannabis bereits legalisiert wurde. Und die können schon nachweisen, dass sich in diesen Ländern die Anzahl der psychiatrischen Notaufnahmen bei Jugendlichen sehr gehäuft haben“, ergänzt Möhler. Und auch dort sei Cannabis nur für Erwachsene, nicht aber für Jugendliche, legal.
Studien zeigen andere langfristige Aussichten
Bisher kann keine der drei Stellen eine merkliche Auswirkung der Cannabis-Legalisierung auf ihre Arbeit feststellen. Aber neben Möhler weisen auch Seidel und Altmaier auf langfristige Studien aus anderen Ländern hin, die ein anderes Bild zeichnen.
Über dieses Thema haben auch die SR info-Nachrichten im Radio am 05.09.2024 berichtet.