Wer produziert mehr Strom: Wind, Sonne oder Atomkraft?
In sozialen Medien wird verbreitet, Solar- und Windkraftanlagen erzeugten momentan weniger Strom als Atomkraftwerke. Doch ein Blick auf Daten zeigt ein anderes Bild. Und im Saarland hat fossile Energie noch einen hohen Anteil.
Die letzten deutschen Atommeiler sollen Mitte April vom Netz gehen. Die Bundesregierung setzt in ihrem Koalitionsvertrag auf die Kraft der erneuerbaren Energien, um den CO2-Ausstoß Deutschlands zu verringern.
Doch Atomkraftbefürworter machen mobil gegen Sonnen- und Windenergie. Die Behauptung: In diesem Monat hätten Solar- und Windenergie weniger zur Stromversorgung beigetragen als die drei verbliebenen Atomkraftwerke, twitterte der FDP-Bundestagsabgeordnete Frank Schäffler am 13. Dezember. Doch das stimmt nicht.
Atomkraft hat nur noch geringen Anteil
Die Fakten: Im Jahr 2022 tragen die drei letzten deutschen Atomkraftwerke (AKW) nur noch wenig zur öffentlichen Nettostromerzeugung in Deutschland bei - im Gegensatz zu erneuerbaren Energien etwa aus Wind und Sonne. Nach Angaben des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme liegt der Atomstrom-Anteil im laufenden Jahr bei rund 6,7 Prozent (Stand: 19.12., 11 Uhr).
Wesentlich mehr Strom für Öffentlichkeit und Privathaushalte kommt von erneuerbaren Energien. Wind (24,3 Prozent), Sonne (11 Prozent über Netzeinspeisung) und weitere nachhaltige Energieträger wie Biomasse machen zusammen knapp die Hälfte (49,2 Prozent) aus.
Mit Braun- und Steinkohle wurden bisher 33,4 Prozent erzeugt. Erdgas ist mit 9,6 Prozent am Strom aus der Steckdose beteiligt. Übers Jahr gesehen haben Wind und Sonne in Sachen Stromproduktion im Vergleich zu AKW also die Nase vorn.
Wie sieht es im Saarland aus?
Im Saarland sind nach den aktuellsten Daten aus dem Jahr 2020 rund 20 Prozent des verbrauchten Stroms durch Erneuerbare Energien erzeugt worden.
Allerdings verbraucht das Saarland mehr Strom, als es selbst erzeugt. Der Bruttostromverbrauch lag nach Angaben des Energieministeriums in den letzten zwanzig Jahren im Durchschnitt bei acht Terawattstunden im Jahr. Hier erzeugt wurden aber im Jahr 2020 beispielsweise nur 1.785.930 Megawattstunden.
Einer der Gründe dafür ist, dass das Saarland wegen seiner Industrie einen vergleichsweise hohen Stromverbrauch hat. Zudem ist der Anteil der Steinkohle an der Stromerzeugung im Saarland weiterhin sehr hoch: Rund 44 Prozent des erzeugten Stroms wurden im Jahr 2020 durch Steinkohle produziert und rund 25 Prozent aus Ergas und Erdöl.
Die saarländische Landesregierung hat sich zum Ziel gesetzt, bis 2030 den Anteil von Erneuerbaren Energien auf bis zu rund 40 Prozent zu verdoppeln. Einen größeren Anteil halten Experten für kaum umsetzbar. Der Energiefahrplan des saarländischen Wirtschaftsministeriums kommt zu dem Ergebnis, dass das Saarland daher "zukünftig dauerhaft auf grüne Energieimporte angewiesen sein wird".
Was ist im Winter?
Doch was ist eigentlich im Winter? Macht sich eine angebliche Wind- und Sonnenflaute bemerkbar? Hier zeigen aktuelle Daten des Fraunhofer-Instituts folgendes Bild für Gesamtdeutschland:
Im Dezember lagen bis Montagmorgen die Werte für Sonnen-, Wind- und Kernenergie zwar tatsächlich näher beieinander als in den Monaten zuvor. Dennoch tragen Wind (14,4 Prozent) und Sonne (1,2 Prozent) auch in diesem Monat bislang zusammen mehr zur Stromversorgung bei als die drei letzten deutschen Atommeiler (6 Prozent).
Auch die Website "electricitymaps.com", auf der in Echtzeit Stromverbrauch und -produktion visualisiert werden, zeigt: Zwischen 17. November und 17. Dezember waren Wind (rund 12,9 Prozent) und Sonne (1,1 Prozent) zusammen zu einem größeren Teil an der Stromproduktion beteiligt als die Atomenergie (5,8 Prozent).
Was ist bei Windstille?
Natürlich gibt es auch Windstille und trübe Wintertage, an denen die Haushalte einerseits viel Strom verbrauchen und andererseits aber kaum Sonnen- oder Windstrom produziert wird. Solange keine entsprechenden Kapazitäten an Stromspeichern vorhanden sind, kommen dann weiterhin etwa fossile Brennstoffe wie Kohle oder Gas ins Spiel.