Umweltschädliche Narkosegase: Saar-Kliniken suchen nach Alternativen
Narkosegase sind Treibhausgase und damit echte Klimakiller. Laut Umweltschützern sind sie sogar um ein Vielfaches schädlicher als CO2. Das wissen auch die Krankenhäuser, wo Narkosegase für Operationen eingesetzt werden. Die Kliniken suchen nach Lösungen.
„Das Krankenhaus ist nicht umweltfreundlich. Circa drei Prozent der Schadstoffe auf der Welt kommen aus dem Gesundheitsbereich und ein ganz relevanter Teil sind diese Narkosegase“, sagt Dr. Konrad Schwarzkopf, Chefarzt für Intensivmedizin am Klinikum Saarbrücken.
Narkosegase werden bei Operationen in die Lunge des Patienten gepumpt. Insgesamt ist das laut Schwarzkopf ein großer Vorteil, die Gase sind extrem gut steuerbar. Aber sie haben einen Haken. Sie werden vom Patienten wieder ausgeatmet und abgesaugt. Durch Abluftrohre strömen sie in die Außenwelt und belasten die Umwelt.
OPs schädlicher als Autofahren
Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) rechnet vor, dass das am häufigsten in OP-Sälen eingesetzte Gas Desfluran 2500-mal so klimaschädlich ist wie CO2. Eine siebenstündige Narkose mit Desfluran entspräche damit einer 15.000 Kilometer weiten Autofahrt.
Grund für die schlechte Umweltbilanz von Narkosegas ist der enthaltene fluorierte und chlorierte Kohlenwasserstoff, der zum Beispiel auch in Kühlmitteln von Kühlschränken eingesetzt wird.
Filter sollen Abhilfe schaffen
Im Klinikum Saarbrücken werden die Operationssäle jetzt nachgerüstet. Als erstes Krankenhaus im Saarland werden die Narkosegeräte dort jetzt mit Filtern ausgestattet. Deutschlandweit arbeiten erst 29 Kliniken mit dieser Technologie.
Der neue Filter funktioniert mit Aktivkohle. „Das Narkosegas, das der Patient abatmet wird im Filter an der Aktivkohle gebunden. Die Filter kommen in eine spezielle Recyclinganlage. Dort kann mittels chemischer Verfahren das Narkosegas komplett zurückgewonnen und wieder für den Narkoseeinsatz freigegeben werden.“ sagt Dr. Konrad Schwarzkopf.
Da Narkosegase aber nicht komplett verzichtbar seien, appelliert der BUND an den Gesetzgeber, Filter zur Pflicht zu machen. „Zumal dann das Gas, das dort rausgefiltert wird, noch mal wiederverwendet wird. Das heißt, dort gibt es dann einen Kreislauf, der dann auch mit dazu beiträgt, die Kosten zu reduzieren“, sagt Christoph Hassel vom BUND Saarland.
Uniklinik geht andere Wege
Am Universitätsklinikum des Saarlandes setzt man vor allem auf neue Technik, um Narkosegase zu sparen. So wurden in Homburg neue, sparsamere Narkosegeräte bestellt, die im Februar geliefert werden sollen. Die Software auf den neuen Geräten unterstütze die Anästhesisten mit einer Art Autopilot, der „genau sieht, der Patient ist top sediert und der Anästhesist kann das Gas weiter reduzieren“ sagt Stefan Kutscher, Medizintechniker am Universitätsklinikum.
In den letzten drei Jahren wurde der Einsatz des besonders schädlichen Narkosegases Desfluran stark reduziert, so Tobias Fink, Anästhesist an der Uniklinik. Man verwende stattdessen öfter örtliche Betäubungen, bei der der Patient zwar wach ist, aber die Schmerzempfindung, in dem Bereich, wo operiert werde, ausgeschaltet sei.
Über dieses Thema wurde auch bei "Wir im Saarland – Das Magazin" am 12.01.2023 berichtet.