Forensik-Ausweichquartier in SHG-Klinik geplant
Dass die Merziger Forensik aus allen Nähten platzt, ist seit Monaten bekannt. Inzwischen sind in der saarländischen Klinik auch noch Frauen untergebracht, da die eigentlich dafür vorgesehene Einrichtung in Rheinland-Pfalz ebenfalls unter akutem Platzmangel leidet. Derweil gibt es Pläne, die Kapazitäten in Merzig offenbar kurzfristig zu erweitern und ein Gebäude der benachbarten SHG-Klinik zu nutzen.
Die Merziger Forensik ist als reine Männer-Klinik gebaut und konzipiert worden. In ihr sollen eigentlich nur schuldunfähige männliche Straftäter aufgenommen werden. Für Frauen, für die von Gerichten im Saarland wegen einer Suchterkrankung oder einer psychischen Erkrankung eine Unterbringung in der Psychiatrie angeordnet wurde, gibt es seit Jahrzehnten eine Vereinbarung mit Rheinland-Pfalz.
Die Patientinnen kamen dort unter – insbesondere in der Forensik im pfälzischen Klingenmünster. Dort aber ist die Belegungssituation ähnlich kritisch wie in nahezu allen Einrichtungen bundesweit. Denn überall neigen die Gerichte seit Jahren dazu, Straftäter und Straftäterinnen vermehrt nicht dem Strafvollzug, sondern dem sogenannten Maßregelvollzug zuzuweisen.
Forensik platzt aus allen Nähten
Auch die Klinik für forensische Psychiatrie in Merzig (SKFP) platzt deshalb aus allen Nähten, ist trotz eines erst 2018 eingeweihten Neubaus schon jetzt überbelegt. Statt der eigentlich geplanten 140 werden dort fast 200 Patienten behandelt (Stand 1.12.22: 195). Nun kommen noch drei Patientinnen dazu.
Wie das Justizministerium dem SR bestätigte, handelt es sich um drei nach einem Gerichtsbeschluss einstweilig untergebrachte psychisch kranke Frauen. Ihre Strafverfahren seien noch nicht abgeschlossen. Eine Unterbringung in weiter entfernten Kliniken in anderen Bundesländern als Rheinland-Pfalz sei aufgrund der langen Fahrtwege zu den laufenden Gerichtsprozessen in Saarbrücken nicht praktikabel.
Noch keine Konflikte
Zwar ist Merzig auf männliche Patienten ausgelegt, die Unterbringung der drei Frauen ist laut Ministerium aber angeblich weitgehend unproblematisch. Die Patientinnen seien auf einer "Halbstation in Einzelzimmern mit eigenem Bad" untergebracht. Ihre Freizeit verbringen sie aber gemeinsam mit den Männern auf der Station. Konflikte habe es dabei bislang nicht gegeben.
Auch die medizinische und therapeutische Versorgung der drei Frauen sei gewährleistet, wobei allerdings lediglich Einzel- und keine Gruppentherapie angeboten wird. Dies mag für die aktuell in Merzig untergebrachten Frauen, wie das Ministerium betont, tatsächlich auch medizinisch sinnvoll sein, aber ein Dauerzustand kann es nicht sein. Das Ministerium prüft, weitere Plätze für Frauen im Maßregelvollzug einzurichten.
Gespräche mit SHG-Klinik
Um der allgemeinen Platznot in der Forensik entgegenzuwirken, laufen nach SR-Informationen aktuell Gespräche zwischen der SKFP und der benachbarten Merziger SHG-Klinik. Dies geht aus einem Schreiben an die SHG-Mitarbeiter hervor. Demnach ist eine vorübergehende Nutzung einer stillgelegten Station durch die Forensik geplant.
Dort soll eine offene Station für 20 Patienten und Patientinnen der Forensik eingerichtet werden. Dabei gehe es ausschließlich um Suchtkranke, die zuvor bereits in der Forensik therapiert worden seien und vielfach einer externen Arbeit nachgingen. Wenn sie vom Ausgang zurückkämen, würden sie regelmäßig getestet. Sollten sie Alkohol oder Drogen zu sich genommen haben, erfolge die sofortige Rückverlegung in die eigentliche Forensik.
Ministerium bestätigt Pläne
Dass die Nähe zu einem Akutkrankenhaus Ängste und Sorgen auslösen könnte, ist der SHG-Klinikleitung offenbar klar. In ihrem Mitarbeiterbrief baut sie daher bereits vor: Es handele sich um "sorgsam ausgewählte Patienten/innen" – nicht um Männer oder Frauen, die wegen eines Sexual- oder eines Tötungsdelikts in die Forensik mussten.
Das Justizministerium bestätigte unterdessen das Vorhaben. Man befinde sich allerdings noch in der Planungsphase. Interne Arbeitsgruppen hätten Gespräche aufgenommen. Aufgrund der fehlenden Außensicherung könnten auf der Station aber nur Patienten mit einem entsprechenden Lockerungsstatus untergebracht werden. In den Räumlichkeiten selbst sei der Einbau von Sicherheitstechnik erforderlich.
Über dieses Thema haben auch die SR-Hörfunknachrichten am 18.01.2023 berichtet.
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