Rückenschmerzen verschieben Millionenprozess
Vor dem Saarbrücker Landgericht ist ein Cybertrading-Prozess um Millionen-Betrug im Internet verschoben worden. Laut Attest hält sich der Angeklagte in der Türkei auf und ist nicht reisefähig. Nach SR-Informationen geht es um einen Gesamtschaden von mindestens zehn Millionen Euro.
Der 38-jährige Mohamad S. soll als Teil einer internationalen Bande tausende Anleger mit gezinkten Finanzportalen betrogen haben, sogenanntem Cybertrading. Da die Anklage noch nicht verlesen wurde, ist unklar, für welche Schadensumme er genau verantwortlich gemacht wird. Nach SR-Informationen geht es um mindestens zehn Millionen Euro.
Vermeintlich lukrative Finanzwetten
Der Angeklagte soll zwischen 2016 und 2019 ein Callcenter in Prag mit rund 200 Mitarbeitern geleitet haben. Von dort sollen Telefonagenten überwiegend deutsche Anleger dazu gebracht haben, viel Geld in vermeintlich lukrative Finanzwetten zu stecken. Tatsächlich floss das Geld aber vermutlich direkt ins Täternetzwerk.
Der Prozess ist Teil eines großes internationalen Ermittlungskomplexes, den die Saarbrücker Staatsanwaltschaft koordiniert.
Attest wegen Rückenschmerzen vorgelegt
Zum Prozessauftakt ist der 38-Jährige Angeklagte nicht erschienen. Die Verteidigung legte ein Attest vor, wonach Mohamad S. in der Türkei lebt und wegen Rückenschmerzen derzeit nicht reisefähig sei. Aus dem öffentlich verlesenen Attest geht hervor, dass S. sich wegen einer „Verstauchung und Verspannung der Lendenwirbelsäule“ bis zum Wochenende möglichst wenig bewegen soll.
Seltsam mutete dabei an, dass in dem Attest Istanbul als Wohnsitz des Angeklagten angegeben war, es aber von einer mehr als 400 Kilometer entfernten Klinik in Ankara ausgestellt wurde.
Haftbefehl droht
Der Prozess vor dem Landgericht Saarbrücken soll jetzt kommende Woche fortgesetzt werden. Der Vorsitzende Richter kündigte an, im Zweifel einen Haftbefehl gegen den Angeklagten zu erlassen.
Im Rahmen der Cybertrading-Ermittlungen hatte sich im vergangenen Sommer bereits ein anderes Mitglied der Bande vor Gericht verantworten müssen. Der 30-jährige Azem S. hatte ein Callcenter im Kosovo geleitet. Im August verurteilte ihn das Saarbrücker Landgericht wegen mehrfachen gewerbsmäßigen Bandenbetrugs zu zwölf Jahren Haft. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
Über dieses Thema haben auch die SR-Hörfunknachrichten vom 25.04.2023 berichtet.