Ausländische Fachkräfte stützen zunehmend den Saar-Arbeitsmarkt
Demografischer Wandel, Abwanderung und eine zu niedrige Geburtenrate – ohne ausländische Arbeitskräfte ist der Fachkräftemangel in Deutschland nicht zu bekämpfen. Auch im Saarland werden Fachkräfte gesucht und immer mehr Stellen mit ausländischen Beschäftigten besetzt, unter anderem aus der Ukraine.
Zwei Jahre ist es her, da stand der Ukrainer Anton Medvedzkyi plötzlich vor der Tür der Backstube von Thomas Mischo und fragte, ob er mitarbeiten darf. So etwas hatte Mischo zuvor noch nicht erlebt. „Das war ein Glücksgriff und hat mir natürlich auch imponiert. Deshalb habe ich gleich gesagt ‚komm rein, wir versuchen das‘“, erzählt Mischo.
Anerkennung zum Facharbeiter
Und der Versuch ist geglückt: Anton Medvedzkyi ist schon vor Kriegsbeginn mit seiner Familie nach Deutschland gekommen. In der Nähe von Kiew hatte der Familienvater zuletzt an einer Großbäckerei gearbeitet. Nun ist er bei der Traditionsbäckerei Mischo in Gersheim.
Um als Facharbeiter anerkannt zu werden, musste der Ukrainer eine 18-monatige Anpassungsqualifizierung bei der Handwerkskammer absolvieren. Thomas Mischo und sein Bruder haben ihn dabei begleitet: „Er musste eine kurze Prüfung ablegen. Vorher wurde er von uns natürlich auch noch etwas ausgebildet, da das ukrainische Bäckerhandwerk und das Deutsche schon etwas unterschiedlich sind“, erklärt Mischo.
Ausländische Arbeitskräfte werden gebraucht
Menschen wie Anton Medvedzkyi braucht das Saarland dringend – Stichwort Arbeitskräftemangel. Trotz der Krise suchen die Unternehmen im Saarland weiterhin händeringend Mitarbeiter.
Die ausländischen Beschäftigten seien mittlerweile eine echte Stütze für den Saar-Arbeitsmarkt, sagt Heidrun Schulz, Chefin der Bundesagentur für Arbeit: „Wenn wir anschauen, wie sich die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung entwickelt hat, dann haben wir im Mai 4100 Beschäftigte mehr, als im Vorjahr. Wir haben 4300 Beschäftigte mehr mit ausländischem Pass, und die Beschäftigung der Menschen mit deutschem Pass ist sogar leicht gesunken. Das zeigt wir haben diesen Bedarf, er drückt sich jetzt schon aus. Und das wird die nächsten Jahre mit Sicherheit so bleiben.“
Immer mehr Ukrainer finden Arbeit
Etwa 15 Prozent der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten im Saarland sind Ausländer. Waren es im Mai 2021 noch 50.200 Personen, sind es ein Jahr später über 54.500 - das ist ein Plus von 8,5 Prozent. Viele kommen aus anderen EU-Staaten oder Staaten der EU-Osterweiterung sowie aus Asylherkunftsländern wie Afghanistan oder Syrien.
Auch 1400 vor allem Ukrainerinnen haben inzwischen eine Beschäftigung im Saarland gefunden, Tendenz steigend. 6000 ukrainische Menschen sind insgesamt bei den Jobcentern registriert, etwa ein Drittel von ihnen absolviert derzeit Sprachkurse. Auch sie sind potenzielle Fachkräfte für die Zukunft, gerade auch, weil viele gut qualifiziert sind.
Nach einem Bericht des Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) verfügen rund die Hälfte der Ukrainer in Deutschland über eine abgeschlossene Hochschulausbildung und vergleichbare Abschlüsse, 14 Prozent über berufsbildende Abschlüsse und 26 Prozent über eine höhere Schulbildung.
Starthilfe lohnt sich
Natürlich brauche es für die Integration in den Arbeitsmarkt eine andere Hinführung, sagt Heidrun Schulz: „Was wir sehen, ist, dass es eben einen anderen Anlauf braucht, zum einen sprachlich und natürlich auch, sich die Anerkennung für ihre vorhandene Ausbildung zu holen.“ Die Chefin der Bundesagentur wirbt aber auch dafür, dass gerade ausländische Arbeitskräfte nicht zu schnell eine Arbeitsstelle annehmen. Gerade in solchen Fällen seien die Beschäftigten häufig überqualifiziert.
Diesen Anlauf hat es bei Anton Medvedzky und der Bäckerei Mischo auch gebraucht. Doch das lohne sich aber auch, sagt Bäckermeister Thomas Mischo. „Die Leute brauchen natürlich schon Starthilfe, das ist klar. Ganz am Anfang ist es schwer. Man kommt ein neues Land kann die Sprache nicht – alles ist neu. Wenn man da nicht hilft, wird das schon schwer für sie.“
Über dieses Thema hat auch die SR 3-Sendung "Region am Nachmittag" am 30.11.2022 berichtet.