Eine Apothekerin bearbeitet ein Medikamentenrezept (Foto: picture alliance/dpa | Andreas Arnold)

Antibiotika-Mangel stellt Apotheker und Ärzte weiter vor Herausforderungen

  27.04.2023 | 15:48 Uhr

Penicillin und andere Antibiotika sind in Apotheken im Saarland weiterhin Mangelware. Oftmals müssen Alternativen her - die Beschaffung und Herausgabe ist aber häufig mit viel Aufwand verbunden, sowohl für Apotheken als auch für Arztpraxen.

Der Mangel an Medikamenten bleibt ein großes Problem: Bereits seit mehreren Monaten beklagen Apotheken im Saarland und bundesweit, dass immer wieder Arzneimittel fehlen.

"Die Lieferungen der Industrie geschehen eher tröpfchenweise", sagt Carsten Wohlfeil von der saarländischen Apothekerkammer. Schnell seien die Vorräte wieder aufgebraucht. Besonders bemerkbar sei das derzeit bei Penicillin, das treffe etwa Kinder, die mit Scharlach erkrankt sind, aber auch bei anderen Antibiotika. "Das ist Verzweiflung pur bei uns", so Wohlfeil.

Vom Notdienst weggeschickt

Regelmäßig müssten die Notdienste Patientinnen und Patienten wegschicken - ohne das verschriebene Antibiotikum. Was dann? Natürlich würden die Apotheken sich untereinander verbinden, um herauszufinden, an welchen anderen Standorten das verschriebene Medikament zu bekommen ist.

Sei nichts in der Nähe verfügbar, dann müsse auf Alternativen zurückgegriffen werden, erklärt Wohlfeil. "Etwas Vergleichbares hilft dann vielleicht nicht zu 100 Prozent, aber 80 Prozent müssen es dann auch tun."

Aufwändige Suche nach Alternativen

Das müsse aber immer in Absprache mit dem behandelnden Arzt oder der behandelnden Ärztin passieren - Mehraufwand also für Arztpraxen und Apotheken.

Grundsätzlich seien Apotheken auch in der Lage, Medikamente selbst herzustellen. Das sei aber "wahnsinnig aufwändig", so Wohlfeil, und auch deutlich teurer. Normalerweise seien die Krankenkassen nicht bereit, diese Kosten zu übernehmen.

Mehr Flexibilität gefordert

Apotheken brauchen mehr Flexibilität, sagt Wohlfeil. "Wir müssen die Möglichkeit eingeräumt bekommen, zu entscheiden, wie wir Patienten am besten helfen können. Wenn wir Medikament A nicht haben, dann müssen wir B abgeben können", fordert er.

Grundsätzlich rät er Eltern kranker Kinder oder selbst Erkrankten, vorher in der Apotheke anzurufen, um abzuklären, ob das verschriebene Arzneimittel vorrätig sei. So spare man sich eine "Odyssee" durch das Saarland, bis man die richtige Apotheke gefunden habe.

Mehrbelastung in Arztpraxen

Auch Kinderarzt Benedikt Brixius spricht sich für pragmatischere Lösungen aus. Der Mangel sei besonders auch bei Antibiotika für Kinder, die meist als Säfte gegeben werde, spürbar. Mehrfach am Tag bringe das zusätzliche Belastungen mit sich.

Wenn Apotheker sich zunächst bei den Ärzten und Ärztinnen absichern müssten, bedeute das für beide Seiten mehr Arbeit. "Das erhöht definitiv das Stresslevel und führt am Ende auch zu längeren Wartezeiten." Brixius selbst schließe sich schon vorher mit den Apotheken in der Umgebung kurz, um abzuklären welche Mittel verfügbar sind und was er entsprechend verschreiben kann.

Ideen gegen Knappheit

Der Mangel an Medikamenten zieht schon länger seine Kreise. Ein großes Problem stellen die Lieferengpässe dar und die Abhängigkeit Deutschlands von Drittländern, wo die Medikamente kostengünstiger hergestellt werden können. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hat daher ein neues Gesetz vorgeschlagen, das neuen Pharmaherstellern Anreize verschaffen soll, ihre Medizin künftig verstärkt in der EU zu produzieren.


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