Justizbeamter führt den Angeklagten in den Gerichtssaal (Foto: picture alliance/dpa | Thomas Frey)

Angeklagter im Yeboah-Prozess will Geständnis ablegen

mit Informationen von Thomas Gerber   08.05.2023 | 18:19 Uhr

Im Prozess um den tödlichen Brandanschlag auf ein Asylbewerberheim in Saarlouis vor 30 Jahren gibt es offenbar eine Wende. Wie die Verteidigung mitteilte, will der Angeklagte am Dienstag ein Geständnis ablegen. Unterdessen schilderten frühere Streetworker ihre Erfahrungen mit der damaligen Skinheadszene in Saarlouis – und widersprachen auch der Polizei.

Bei einem Brandanschlag auf die Asylbewerberunterkunft in Saarlouis war 1991 der Ghanaer Samuel Yeboah ums Leben gekommen. Vor dem Koblenzer Landgericht läuft seit November der Prozess gegen den Saarlouiser Peter S., ihm wird Mord aus rassistischen Motiven vorgeworfen.

Deal kam nicht zustande

Bisher hatte der 51-jährige Angeklagte die Tatvorwürfe bestritten. Das Gericht hatte kürzlich einen Deal vorgeschlagen: Wenn Peter S. ein umfangreiches Geständnis ablegt, hätte er mit einer milderen Strafe rechnen können. Allerdings kam dieser Deal zunächst nicht zustande.

Kehrtwende der Verteidigung?

Kurz vor dem nächsten Prozesstag am Dienstag teilte die Verteidigung nun mit, es werde eine "geständige Einlassung" geben. Sie soll den Angaben zufolge mündlich vorgetragen und auch schriftlich vorgelegt werden.

Fragen werde der Angeklagte allerdings nicht beantworten. Was genau der 51-Jährige erklären wird, ist aktuell noch offen. Weitere Einzelheiten nannte die Verteidigung nicht. Klar ist jedoch, ein Geständnis zahlt sich für den Angeklagten nur dann aus, wenn er – wie vom Gericht gefordert – Täterwissen preisgibt. Nur dann kann er nämlich mit einer relativ milden Strafe rechnen.

Dennoch kein schnelles Prozessende erwartet

Wobei es auch nach dem Geständnis kein schnelles Prozessende geben dürfte. Zwar hatte der Angeklagte die Tat bisher stets bestritten, aber seine Vertediger hatten immer wieder auch davon gesprochen, dass er den tödlichen Brand in der Asylbewerberunterkunft nicht allein gelegt haben kann.

Überlebende des Anschlags hatten von zwei Gestalten berichtet, die sie in der Brandnacht gesehen haben wollen. Sollte der 51-Jährige weitere Tatbeteiligte nennen, müsste das Verfahren eventuell komplett neu aufgerollt werden.

Streetworker widerspricht ehemaligen Saarlouiser Polizisten

Nach der Ankündigung der Verteidigung, dass der 51-Jährige am Dienstag ein Geständnis abgelegen wird, wurde am Montag die Beweisaufnahme zunächst fortgesetzt. Dabei ging es um die Strukturen der Saarlouiser Neonaziszene in den 1990er Jahren.

Ein Streetworker und Soziologe des evangelischen Jugendwerks berichtete, dass der 51-Jährige zum harten Kern der damaligen Skinheadszene gehört habe. Er widersprach ehemaligen Polizeibeamten der PI Saarlouis, die in ihren Aussagen vor dem Oberlandesgericht Koblenz die Szene als eher unpolitisch geschildert hatten. Bei den Skinheads und der Kameradschaft Saarlautern habe es sich vielmehr um "ganz klar rechte" Gruppierungen gehandelt, die weit über die Grenzen des Saarlandes vernetzt gewesen seien.

Eine schützende Hand über den Anführer gehalten?

Anführer dieser Szene sei Peter St. gewesen. Bei diesem hatte der Soziologe den Eindruck, dass "jemand die Hand über ihn gehalten habe". So sei St. trotz eines umfangreichen Vorstrafenregisters aufgrund von Gewaltdelikten immer wieder nur zu Bewährungsstrafen verurteilt worden. Möglicherweise habe St. ja für den Verfassungsschutz gearbeitet.

Der Zeuge erhob zudem Vorwürfe gegen die Politik. Von ihr sei das Problem negiert worden. St. sei gar vom damaligen Saarlouiser Oberbürgermeister zu einer "Privataudienz empfangen" worden.

Zeugin: Regelmäßige Schlägereien und Holocaust begrüßt

Eine Streetworkerin, die ebenfalls in dem Projekt des evangelischen Jugendwerks gearbeitet hatte, berichtete von Treffen der Skinheads, bei denen der Holocaust begrüßt worden sei. Bei den Treffen sei meist Alkohol getrunken und rechte Nazi-Musik gehört worden. Regelmäßig sei es zu Schlägereien gekommen.

Über dieses Thema berichten auch die SR-Hörfunknachrichten am 08.05.2023.


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