Warum saarländische Clubs ohne 80er undenkbar sind
Mode ist ständig im Wandel. Wer Schlaghose und Plateau-Schuhe abgeschrieben hatte, ist in den letzten Jahren überrascht worden. Das gleiche gilt für manche Musikstile – saarländische Clubbetreiber erklären, warum die 80er (und 90er) nicht totzukriegen sind.
Wer an einen modernen Club denkt, hat vielleicht als erstes laut dröhnende Techno-Beats im Kopf. Und klar, für viele ist das heute Standard – Hauptsache man kann gut dazu tanzen: „Tanzbar ist für Musik im Club extrem wichtig“ sagt Heiko Renno im Interview.
Der 52-Jährige betreibt mit seiner Frau unter anderem die „Garage“ in Saarbrücken. Er selbst hat seine Clubzeit mittlerweile hinter sich: „Bis Ende der 90er war ich selbst viel in der Szene unterwegs – aber irgendwann müssen ja auch mal die Jüngeren ran.“
„Wir sind nicht zu spezifisch“
Die Garage ist einer der größten Clubs im Saarland – um die Halle vollzukriegen könne man, so Renno, bei den Standard-Partys nicht zu nischige Musik spielen. Alles was zum Beispiel laute und prägnante E-Gitarren-Riffs beinhalter, sei für viele Clubgänger weniger attraktiv: „Wir sind nicht zu spezifisch – bei uns kann jeder kommen, egal welches Alter, welcher Musikgeschmack – wir holen die größere Masse ab“
Das war aber tatsächlich mal anders. Früher gab es in der Garage mehr „Gitarrenveranstaltungen“, wie Renno es nennt – heute gar nicht mehr. Eine Sache habe sich aber kaum geändert: „Die 80er sind wieder in – wobei die immer schon in waren“, sagt Renno. Also die Musik, die schon damals in den Discotheken, Discos und „Dizzen“ lief – Michael Jackson, Madonna, Whitney Houston. Auch die 90er und frühen 2000er waren und sind laut Renno immer noch beliebt.
TikTok und Co. bringen alte Hits zurück
Ähnlich sieht es Björn Del Togno, er ist für die Partys im Saarbrücker „Silodom“ mitverantwortlich und selbst auch DJ: „Der 80er/90er Hype ist definitiv spürbar“, sagte er dem SR. Das Silodom sei zwar eher für die Subkultur Techno/Elektro ausgelegt – man müsse aber auch etwas mit den Trends gehen. „Dann ist auch mal ein Nirvana-Sample im Techno-Track zu hören“, so Del Togno. Die Musik wird also ein Stück weit angepasst, ohne dabei die Zielgruppe zu sehr zu überfordern.
Was gerade im Trend ist, erkennt der Veranstalter oft über soziale Netzwerke wie TikTok. Ein großer Fan sei er von den Plattformen zwar nicht – durch sie werden aber zum Beispiel alte Songs wieder populär.
Ein Beispiel ist „Running up that hill“ von Kate Bush – das wurde durch seine Präsenz in der Netflix-Serie „Stranger Things“ auf TikTok von den Nutzerinnen und Nutzern viel verwendet und gehört. Wenn der Song heute in einem Club läuft, könnten vermutlich viele auch unter 30-Jährige mitsingen – ob das vor fünf Jahren auch so gewesen wäre?
Für jeden gibt es den passenden Club
Auch im "Lindenau" in St. Wendel sind die 80er bis 2000er immer noch beliebt. Der Betreiber Tim Sicks ist da auch ganz selbstkritisch: "Wir sind dann doch sehr kommerz" - wer ein Publikum über 25 Jahren erreichen wolle, fahre mit dieser Musik einfach sehr sicher. Aber auch für andere Geschmäcker gibt es die passenden Orte. Knapp eineinhalb Kilometer weiter gibt es im Flash jeden Samstag eine Hip Hop Party - zumindest auf einem Floor. Die ist laut Sicks auch seit Jahren gut besucht.
Wer es eher modern mag, kann auf dem Hauptfloor zu elektronischer Musik tanzen. Teilweise seien auch da wieder Trends von TikTok und Co. erkennbar, sagt Sicks: „Viele Mashups der 80er und 90er, mit mehr Bass - die alten Hits werden quasi in Elektro umgewandelt oder integriert."
Für Sicks reicht es aber nicht, einfach nur Trends aufzugreifen, oder gute Musik zu spielen. Jede Party brauche mittlerweile irgendein Alleinstellungsmerkmal - das war früher noch anders: "Vor zehn, zwanzig Jahren musste man nur aufsperren und die Leute kamen. Heute muss ich mich jede Woche neu erfinden." Als Beispiel nennt er einen seiner Gast-DJs, der mit seinen Gästen eine Kissenschlacht macht - und wer einen Schlafanzug trägt, kriegt Freigetränke.
Corona und Club - Revival des Feierns?
Was die Feierlaune der Saarländer angeht, hat sich seit der Pandemie auch etwas getan. Es ist ja erst gut ein Jahr her, dass die Saarländer wieder ohne Einschränkungen, Testregeln, Masken und Co. Clubs besuchen können. In der Garage sind laut Betreiber die Freitagsveranstaltungen zwar kaum noch besucht, aber: "Durch Corona konzentrieren sich die Leute eher auf den Samstag. Es kommen etwas weniger, aber die feiern mehr und geben mehr Geld aus", sagt Heiko Renno.
Björn Del Togno vom Silodom beobachtet auch, dass das Publikum mittlerweile jünger geworden ist - klar, viele Jugendliche sind ja erst während der Lockdowns ins richtige "Party-Alter" gekommen. Laut Tim Sicks waren die Besucherzahlen kurz vor Corona sogar geringer: „Da haben die Eltern zu den Kindern gesagt: Geh mal in den Club!“, erzählt Sicks. Erst als es zwei Jahre fast unmöglich war, ausgelassen Party zu machen, sei bei vielen die Lust wieder hochgekommen.