Le Voyageur
Ausgelöst durch die mysteriöse Rückkehr der Voyageur-Raumsonde trifft Virginia nachts im Zug ihren verstorbenen Vater. Obwohl Timo von Guntens Road-Movie zunächst etwas verstörend wirkt, zeigt er einfühlsam mit wenig Dialogen und starker Bildsprache eine liebevolle Vater-Tochter-Beziehung zwischen Leben und Tod.
Bewertung: Zwei von drei Herzen
Der Zug rattert durch die Nacht Richtung Bulgarien. Die Kupplung zwischen den Waggons quietscht. Virginia (Julie Dray) träumt vor sich hin. Sie ist ganz alleine im Abteil, im ganzen Waggon. Aus dem Augenwinkel sieht sie einen Mann im Rollstuhl vorbeifahren: Dieser Mann ist ihr verstorbener Vater (Gilles Tschudi). Verwirrt folgt sie ihm durch den Zug, findet ihn nebst Gepäck und Ticket ein paar Waggons weiter.
Metaphysische Reise
Zwischen ländlicher Einöde und bulgarischen Plattenbauten steigt sie mit ihrem Vater aus. Das heißt: Er sitzt reglos in seinem Rollstuhl, sie wuchtet ihn über Straßen mit Schlaglöchern. Virginia und ihr Vater begeben sich auf eine ziellose Reise. Nach der anfänglichen Freude über das Wiedersehen wird Virginia mit der Vergangenheit konfrontiert – und mit der Vergänglichkeit. Denn ihr Vater "lebt" nur für sie.
Dieses metaphysische Wiedersehen zwischen Vater und Tochter wurde ausgelöst durch die mysteriöse Rückkehr der Raumsonde "Voyageur" auf die Erde. Die Raumsonde wurde 1977 ins All geschickt, etwa zum gleichen Zeitpunkt, als Virginias Vater starb. Virginia war damals noch ein Kind. Seitdem scheint durch die Sonde eine besondere Beziehung zwischen Vater und Tochter zu bestehen.
Starke Bildsprache und Schauspieler
Zunächst wirkt das Wiedersehen sehr verstörend. Denn während Virginia Gefühle von Verlust, Vergänglichkeit und Endlichkeit einholen, genießt der Vater sein eigenes Leben immer mehr – mit nahezu verrückten Ausmaßen. Unterstützt wird dieser Eindruck musikalisch durch sphärische Klänge und Klangfetzen der Voyageur-Sonde.
Trotzdem schafft es Regisseur Timo von Gunten recht einfühlsam darzustellen, wie eine junge Frau mit der Trauer um ihren früh verstorbenen Vater versucht umzugehen. Dabei verzichtet er auf lange Dialoge und beschränkt sich auf starke Bildsprache und Szenen. Der Film gewinnt durch Julie Dray und Gilles Tschudi als Schauspieler, die ihre Rollen überzeugend verkörpern.
Regie: Timo von Gunten
Schweiz 2016