Eindrücke aus Lolas Bistro (Foto: Pasquale D'Angiolillo)

SR-Mitternachttalks am Freitag

Christian Schwarz   23.01.2016 | 12:51 Uhr

In der letzten Ausgabe der SR-Mitternachttalks für dieses Jahr am Freitagabend in Lolas Bistro standen die Teams von „Her composition“, „Fado“, „Einer von uns“ und „Lenalove“ auf dem Programm.

Her composition

Der letzte Abend der diesjährigen SR-Mitternachttalks startete mit Regisseur Stephan Littger und „Her composition“. Müsste er den Film, der in den USA gedreht wurde, mit einem Wort beschreiben, würde er das englische „textures“ bevorzugen, erläuterte Littger zu Beginn. Eine passende deutsche Übersetzung dafür zu finden, sei aber schwer, am nächsten käme seinen Vorstellungen noch das Wort „Struktur“. Grundsätzlich gehe es aber um das Suchen und Leben, das Erkunden der eigenen Identität.

Dabei habe er ganz bewusst ein Thema gewählt, bei dem jeder denkt, das haben wir doch schon gehört. Ein männlicher, heterosexueller Mann macht einen Film über eine Frau und das Thema Sex – da habe man sofort Klischees im Kopf. Er habe die Geschichte aber nicht mit dem Holzhammer erzählt, wie viele erwarten dürften, sondern eine Gratwanderung vollzogen, so Littger. Der Sex sei eher Mittel zum Zweck gewesen auf der Reise der weiblichen Hauptfigur. Männer werden zur Muse ihrer Komposition, genau diese Schlüsselidee habe ihn so gereizt. Den wahren Sexismus verortete er eher in Strukturen, „die uns gar nicht bewusst sind“.

Fado

Ebenfalls im Ausland, genauer in Lissabon, spielt der Film „Fado“ von Jonas Rothlaender. Am Drehbuch habe er, der selbst eine Zeitlang in der portugiesischen Hauptstadt gelebt hat, lange gearbeitet. Dabei habe sich aus der ursprünglichen Liebesgeschichte ein immer größerer Konflikt für die Figur des Fabian, verkörpert von Golo Euler, ergeben. Schließlich sei die Eifersucht so in den Fokus gerückt, eine Eifersucht, „die so groß ist, dass man nichts mehr anderes sehen kann“, so Euler. Und Rothlaender ergänzte, er habe genau deshalb bewusst überspitzen wollen. Diese Steigerung treffe auch auf die Sexszenen zu, die daher ins pornografische reingehen würden.

Die beiden Hauptfiguren seien bei einem „Konstellationscasting“ gesucht worden, um sicherzugehen, dass sie als Paar funktionieren. Gemeinsam habe man dann viel zusammengesessen und eine Vorgeschichte der Beziehung entwickelt, die im Film nicht gezeigt oder erwähnt wird, erklärte Rothlaender. Eine weitere Protagonistin und viel mehr als nur Kulisse sei darüber hinaus die Stadt Lissabon. Der Titel „Fado“ passe deshalb, weil er dort oft der für die Stadt so typischen Musik lauschen konnte. Auch wenn er die Texte nicht verstanden habe, hätten ihn die Emotionen sehr inspiriert.

Einer von uns

Den Schauplatz eines österreichischen Supermarktes hat Stephan Richter für seinen Film „Einer von uns“ ausgewählt. Dieser und der daran angrenzende Parkplatz, eine „Nicht-Ort“ bekämen im Film eine soziale Funktion, erklärt er. Die Tragik, die die Handlung dabei entwickelt, basiere auf einer wahren Begebenheit. Der Fall eines toten Jungen in einem Supermarkt sei in den österreichischen Medien teils „krass“ abgehandelt worden, worüber er ein Stück weit seine Empörung ausdrücken wollte, indem er eine sehr menschliche Geschichte zu erzählen beabsichtigte. Gleichzeitig solle der „Zeitgeist abgehandelt“, Pubertät und Jugend als Spiegelbild einer dysfunktionalen Gesellschaft gezeigt werden.

Dabei herausgekommen sei ein „Ensemblefilm“, so Richter, auch wenn der ebenfalls mit talkende Jack Hofer schon der Hauptdarsteller sei, der im Mittelpunkt stehe. Und natürlich der Supermarkt, der gar nicht so einfach zu finden war, wie Produzent Arash T. Riahi verriet. Über die zahlreichen vorherigen Absagen großer Supermarktketten, die besorgt wegen ihres Images waren, habe er Regisseur Richter nichts verraten. Es habe schließlich schon gereicht, weil er angesichts des fehlenden Schauplatzes für den Dreh nervös gewesen sei. Für Abhilfe habe schließlich ein privater Betreiber gesorgt.

Lenalove

Last, but not least endeten die diesjährigen SR-Mitternachttalks mit dem Film „Lenalove“ von Florian Gaag, der gemeinsam mit Kameramann Christian Rein in der Runde Platz nahm. Beide kennen sich seit sie 15 Jahre alt sind, erzählten sie und betonten, wie hilfreich sich das auf ihre Zusammenarbeit auswirke. So habe man einfach einen ähnlichen Blick auf Dinge wie beispielsweise Ästhetik, aber auch das Leben ganz allgemein.

Der Film, inspiriert von einem Selbstmord einer 13-Jährigen, hat das Thema Cybermobbing und Erwachsenwerden. Dabei wechseln Szenen aus der Realität und aus Visionen ab. Eine ganz wichtige Ebene für diese Gesamtdramaturgie seien die Musik und das Sounddesign gewesen, erklärte Gaag. Gleiches gelte für die Graffiti, die im Film immer wieder zu sehen sind. Diese seien einfach ein Teil von ihm, der selbst schon in der Sprayer-Szene aktiv war, und kämen immer wieder durch. Dem Publikum, das an der Diskussion teilnahm, gefiel das alles, einzig das Ende der Geschichte polarisierte deutlich.

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