Standbild aus „Sekuritas“ (Foto: Abrakadabra Films)

Sekuritas

Eine Rezension von Carla Sommer  

Ein Bürogebäude wünscht sich auf seine alten Tage noch eine Liebesgeschichte. Dafür sucht sich das Gebäude die einsamsten Personen aus, die sich in ihm aufhalten: Die Menschen, die nachts arbeiten. „Sekuritas“ erzählt auf eigenwillige und berührende Art und Weise eine Geschichte über Sehnsucht, Einsamkeit und Freiheit.

Bewertung: Zwei von drei Herzen

Ein altes Bürogebäude wird bald abgerissen. Doch es hat noch einen letzten Wunsch: Es will eine Liebesgeschichte erleben. Mit den unkonventionellsten Personen, die sich in ihm aufhalten: den Alraunen. Menschen, die dann arbeiten, wenn alle anderen längst nach Hause gegangen sind.

Da ist die Wachfrau (Kathrin Veith), die Nacht für Nacht die Flure kontrolliert und sich unsichtbar fühlt. Bis sie auf den arabisch-stämmigen Gebäudereiniger (Duraid Abbas Ghaieb) trifft, der kein Wort Deutsch spricht. Doch um seinen Wunsch in die Tat umzusetzen, hilft das Bürogebäude schon mal nach: Ein Stromausfall bringt die beiden einander näher.

Ungewöhnliche Perspektiven

Immer wieder begegnen sie anderen skurrilen Figuren, die nachts durch das Gebäude geistern. Dem Koch (Daniel Kasztura), der seinen Geschmackssinn verloren hat und an seinen Rezepten feilt. Der Sekretärin (Jeanne Devos), die es nachts nicht mehr zuhause aushält und immer länger im Büro bleibt. Und dem Chef (Vilmar Bieri), der im leeren Konferenzsaal seine Abschlussrede probt. Sie alle scheinen sich nicht ängstigen zu lassen von den Geräuschen, die nachts viel lauter wirken und den Pflanzen, die im Dunkeln gespenstische Schatten werfen.

„Sekuritas“ ist eine Mischung aus Dokumentation und Märchen. Zu Beginn scheint es noch so, als wäre jede Alraune in dem Bürogebäude für sich allein. Doch schließlich kreuzen sich ihre Wege auf den leeren Bürofluren immer wieder und alles greift ineinander. Der Film kommt dabei fast gänzlich ohne Dialoge aus und gibt dem Zuschauer in vielen Szenen das Gefühl, stiller Beobachter zu sein. Man sieht den Film sozusagen aus den Augen des Gebäudes. Das gelingt vor allem auch durch ungewöhnliche Kameraeinstellungen: Mal wird die Geschichte durch die Überwachungskamera erzählt, mal über Kopf, in Form von Schatten oder durchs Fenster.

Am Ende etwas zu langatmig

Wenn gesprochen wird, dann auf Schweizer Deutsch mit englischem Untertitel. Wer Hochdeutsch gewöhnt ist, stolpert darüber möglicherweise am Anfang. Doch das Spiel der gerade einmal sechs Schauspieler im Film ist so gut, dass die Dialoge letztlich unwichtig werden. Ihre Gefühle, Gedanken, Ängste, Träume und die Rolle, die sie im ausgeklügelten Plan des Bürogebäudes einnehmen, sind viel stärker als jeder Dialog. 

„Sekuritas“ erzählt eine sehr ungewöhnliche Liebesgeschichte auf fast dokumentarische Art. Dafür nimmt sich der Film Zeit. Zu viel Zeit. Erzählt wird über knapp zwei Stunden. Deshalb zieht sich die Geschichte zum Schluss. Die künstlerische und liebevolle Art und Weise, wie sie erzählt wird, machen den Film aber trotzdem berührend und sehenswert.

Regie: Carmen Stadler
Schweiz 2019


Die Spielfilme im Wettbewerb
Diese 16 Filme aus Deutschland, Österreich und der Schweiz konkurrierten um insgesamt neun Preise, darunter um den mit 36.000 Euro dotierten Max Ophüls Preis: Bester Spielfilm.

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