Standbild aus „Julia muss sterben“ (Foto: InOneMedia)

Julia muss sterben

Eine Rezension von Carla Sommer  

Lya will Schauspielerin werden. Das können weder ihr Kopftuch noch ihre strenge Familie verhindern. Doch beim Vorsprechen an einer renommierten Berliner Schauspielschule stößt sie an ihre Grenzen. „Julia muss sterben“ will eine Komödie mit gesellschaftskritischer Botschaft sein, wirkt aber selbst wie ein bemühtes Vorsprechen am Theater.

Bewertung: Eins von drei Herzen

Julia muss sterben: "Humor hilft, Fronten abzubauen"
Video [SR.de, (c) SR, 21.01.2020, Länge: 05:58 Min.]
Julia muss sterben: "Humor hilft, Fronten abzubauen"

Die arabisch-stämmige Lya (Sabrina Amali) hat einen Traum: Sie will Schauspielerin werden und eine Ausbildung an einer renommierten Schauspielschule in Berlin machen. Jahrelang hat sie ihren Vater gepflegt, der im Rollstuhl sitzt – doch damit soll jetzt Schluss sein. Für ihren Traum ist Lya zu einigem bereit. Sie lernt Dialoge aus Jeanne d’Arc und Romeo und Julia auswendig und rührt ihrem Vater morgens Schlaftabletten in den Tee, um zum Vorsprechen gehen zu können.

Dort lernt sie Clara (Nellie Thalbach) und Kasper (Michel Diercks) kennen. Die beiden wollen ebenfalls ihr Glück beim Vorsprechen an der Schauspielschule versuchen. Und obwohl Lya mit ihrem Kopftuch von den beiden am Anfang Gegenwind bekommt, freunden sie sich schließlich an.

Julia muss sterben im Publikumscheck
Video [SR.de, (c) SR, 21.01.2020, Länge: 00:45 Min.]
Julia muss sterben im Publikumscheck

Kein roter Faden

Was sie nicht wissen: Die Theaterschule steht kurz vor dem Aus. Das hat der Rektor der Schule (Thilo Prothmann) gerade erfahren und ringt nun mit sich und der Entscheidung, ob er für seine Schule kämpfen soll oder nicht. Nicht die besten Voraussetzungen für den reibungslosen Ablauf der Schauspielprüfung. Abgesehen davon hat auf das Mädchen mit dem Kopftuch in diesem „deutschen Kulturtempel“ sowieso niemand gewartet. Als Zuschauer durchlebt man nun diesen völlig irren und ereignisreichen Tag des Vorsprechens – gepresst in 95 Minuten – und erfährt so nach und nach mehr über die verschiedenen Protagonisten und ihre Gefühlswelten.

Leider lässt „Julia muss sterben“ den roten Faden vermissen. Immer wieder springt die Handlung zwischen seltsamen Szenen beim Vorsprechen und sinnlosen Sequenzen auf der Straße hin und her. Ein Beispiel? Während eine Bewerberin vor der Jury eine Wassermelone zerlegt, werden Lya, Clara und Kasper plötzlich mitten in Berlin von Nazis gejagt oder spritzen ohne Sinn und Verstand mit Schampus in der Mensa rum.

(K)eine Komödie

Wenn man „Julia muss sterben“ in drei Worten beschreiben müsste, würden es „laut, nervig und unrealistisch“ wohl am besten treffen. Die Figuren sind allesamt platt und überspitzt, die Dialoge gekünstelt und einfallslos. Der ganze Film wirkt tatsächlich selbst wie ein bemühtes Vorsprechen am Theater.

„Julia muss sterben“ will eine Komödie sein, aber die Witze zünden nicht. Mal ist die Handlung albern, dann wieder gewollt ernst. Es wird deutlich, dass der Film eine Botschaft gegen Rassismus und für Emanzipation hinterlassen will. Aber leider tut er das so abgedroschen und einfallslos, dass das Statement am Ende genauso wenig rüberkommt wie die Bedeutung des Filmtitels.

Regie: Marco Gadge
Deutschland 2020


Die Spielfilme im Wettbewerb
Diese 16 Filme aus Deutschland, Österreich und der Schweiz konkurrierten um insgesamt neun Preise, darunter um den mit 36.000 Euro dotierten Max Ophüls Preis: Bester Spielfilm.

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