Standbild aus „Fellwechselzeit“ (Foto: Filmakademie Baden-Württemberg)

Fellwechselzeit

Eine Rezension von Leonie Rottmann  

Stephanie wächst ziemlich einsam auf. Ihr Leben ist geprägt von ihrer unselbstständigen Mutter, die ihre eigene Vergangenheit nicht hinter sich lassen kann. Der Vater wird manchmal gewalttätig, redet aber ansonsten auch kaum. „Fellwechselzeit“ zeigt in redundanten und in die Länge gezogenen Szenen, wie Unausgesprochenes eine Familie belasten kann.

Bewertung: Null von drei Herzen

Als lebhaftem und intelligenteM Kind müssten Stephanie (Zelda Espenschied) eigentlich alle Türen für die Zukunft offen stehen, doch ihre Entwicklung wird durch ihre offensichtlich nostalgische Mutter (Freya Kreutzkam) blockiert. Zu ihrem Vater (Bernd Wolf) fehlt das Vertrauen. So vergehen die Jahre in einem verwahrlosten Haus, das von Erinnerungsstücken ihrer Mutter überfüllt ist.

Stephanie wird zwar älter, doch an der Monotonie ändert sich nichts. Deshalb zieht sich die mittlerweile jugendliche „Stephi“ (Miriam Schiweck) zurück und flüchtet in düstere Fantasien – bis diese irgendwann zur Realität werden.

Wenig Handlung und verwirrende Zeichnungen

Auf den ersten Blick scheint die Familie unauffällig: Ein Kind sitzt mit seiner Mutter am Tisch und spielt ein Gesellschaftsspiel. Der Vater arbeitet im Garten. Die Idylle wird zum ersten Mal zerstört, als der Vater die Katze die Treppe herunter auf seine Tochter wirft – ohne einen wirklich ersichtlichen Grund. Ebenso unklar bleibt, welche Funktion die Katze in der Geschichte hat und was es mit der „Fellwechselzeit“ auf sich hat, die der Filmtitel andeutet.

Regisseurin Sabrina Mertens zeigt immer wieder, wie Stephanie ihre unselbstständige Mutter in allen Lebensbereichen unterstützt. Doch das Mädchen zieht sich auch immer mehr zurück. Dann zeichnet sie. Die Zeichnungen, die wohl in die Abgründe ihrer Seele blicken lassen sollen, sind für den Zuschauer aber eher verwirrend als hilfreich. Sie werfen noch viel mehr Fragen auf, dessen Antworten man im Film allerdings vergeblich sucht.

Da hilft es auch nichts, dass die beiden Hauptdarstellerinnen (Zelda Espenschied/Miriam Schiweck) es schaffen, dem Zuschauer die Entwicklung von einem fröhlichen Kind zu einer depressiven Jugendlichen zu offenbaren. 

Kreativlose Aufnahmen

„Fellwechselzeit“ spielt an zwei Orten: Dem Elternhaus und dem Garten beziehungsweise dem Vorhof. Genauso wenig abwechslungsreich, wie die Drehorte, sind auch die Aufnahmen und Perspektiven. Teilweise wird die Geschichte minutenlang in den gleichen Einstellungen gezeigt, die die ohnehin langatmigen und dialogarmen Szenen ergänzen. Wenn es doch mal zu Gesprächen kommt, dann sind sie oft ohne Aussage.

Regisseurin Sabrina Mertens möchte mit ihrem Film zeigen, wie die Vergangenheit die Zukunft beeinflusst – und das in einer Familie, die Gefühle nicht zeigen kann und nicht miteinander spricht. Dennoch könnten Emotionen und Gefühle in der Geschichte von „Fellwechselzeit“ etwas mehr Platz bekommen. So erstreckt sich eine Geschichte, die in wenigen Sätzen erzählt wäre, in rund 80 Minuten in unendlich wirkenden Szenen auf der Leinwand.

Regie: Sabrina Mertens
Deutschland 2020


Die Spielfilme im Wettbewerb
Diese 16 Filme aus Deutschland, Österreich und der Schweiz konkurrierten um insgesamt neun Preise, darunter um den mit 36.000 Euro dotierten Max Ophüls Preis: Bester Spielfilm.

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