In einem Band: die Geschichte des jungen Picasso (Foto: Reprodukt / Dargaud)

Wie Picasso Picasso wurde

Der junge Pablo in Paris

Gerd Heger   06.03.2019 | 12:34 Uhr

Die Ausstellung Anfang 2019 der Fondation Beyeler in Riehen bei Basel zieht Menschenmassen an: Kann man doch dort erleben, wie Picasso zu Picasso wurde. Wer nicht in die Schweiz will: Pablo – das Comic, das seine frühen Jahre erzählt – gibt es jetzt auch in der deutschen Gesamtausgabe.

Pablo Birmant Oubrérie  (Foto: Reprodukt / Dargaud)
Pablo Birmant Oubrérie

Ein junger, talentierter, spanischer Maler taucht in die Stadt der Lichter ein, Anfang des 20. Jahrhunderts, als dort die Weltausstellung läuft. Es wird lange dauern, bis er ein echter Teil des Künstlerlebens sein wird – bis er Matisse, Derain, Max Jacob oder Guillaume Apollinaire über den Weg laufen wird. Bis er, gefördert von den Geschwistern Stein, tatsächlich auch Bilder verkaufen wird und über Skandale und heute kaum noch nachzuvollziehende Aufregung zu DEM Picasso wird. Anfangs ist er einfach Pablo – und nicht umsonst erzählt Autorin Julie Birmant die Geschichte dieses jähzornigen, zweifelnden, ungewaschenen, schmächtigen und schon irgendwie genialen Immigranten aus der Perspektive der ersten großen Liebe und dem Model Fernande.

Nicht hygienisch: Leben im Bateau-Lavoir (Foto: Reprodukt / Dargaud)
Nicht hygienisch: Leben im Bateau-Lavoir

Die Regisseurin und Theaterdramaturgin weiß eine Geschichte zu erzählen, der routinierte Clément Oubrerie setzt sie mit vielen, aber nicht aufdringlichen Querverweisen an die geschichtenumwobene Zeit um, in der die Malerei endgültig den Weg vom Figürlichen zur Befreiung des Sehens fand. Gespannt zieht man mit Pablo in seine Krisen hinein, folgt seinen Affären, zieht die Augen hoch bei seinen überspannten Wutanfällen und verfolgt seinen wie vorgezeichneten Weg hin zu einer bewussten Zerstörung der Sehgewohnheiten als Versuch, das Wesentliche auf Leinwand zu bannen. Ein Wesen, das letztendlich natürlich ein Geheimnis bleibt – erahnt und erfühlt vielleicht – ein bisschen wie das, was den wild feiernden, liebenden, sich isolierenden und dennoch Schritt um Schritt vorangehenden Künstler wirklich im Innersten antreibt. Auch in der zupackenden Übersetzung von Claudia Sandberg wirklich lesenswert.

Haremsdamen zeichnen (Foto: Reprodukt / Dargaud)
Haremsdamen zeichnen

Die vier Bände der Geschichte sind jetzt in einem gemeinsamen Band auch in der Übersetzung erschienen. Und nicht nur für die „afionados“ des Mannes zu empfehlen, der heute aufgrund eines entregelten Kunstmarktes Milliardär wäre. Und das ist auch in der zupackenden Übersetzung von Claudia Sandberg wirklich lesenswert. Gerade auch für die, die wissen wollen, wie die Kunst im Leben verankert ist (sie riecht nicht immer gut) und die einen kleinen Eindruck vom Hexenkessel Paris Anfang des letzten Jahrhunderts bekommen möchten (schmutzig und großartig). Danach haben sich die beiden Autoren übrigens der Geschichte von Isidora Duncan gewidmet.

Besuch am Mittelmeer (Foto: Reprodukt / Dargaud)
Besuch am Mittelmeer

Julie Birmant, Clément Oubrérie Pablo Reprodukt
Im Original: Pablo Dargaud


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Visionen der Größe (Foto: Reprodukt / Dargaud)
Visionen der Größe


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Die Comicbegeisterung in Frankreich ist mit dem deutschen Comicmarkt nicht zu vergleichen. Aber sie schwappt auch über die Grenze: Gut die Hälfte aller frankophonen Bücher, die für Deutschland übersetzt werden, sind Comics. Von den Klassikern wie Asterix oder Lucky Luke bis zu heutigen Serien wie Largo Winch oder XIII, von Cartoongrößen wie Sempé oder Pénélope Bagieu bis hin zu den Zeichnern und Zeichnerinnen von Charlie Hebdo oder den Graphic Novels eines Guy Delisle.

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