Moulinsart au soleil, acrylique sur toile - Xavier Marabout (Foto: Xavier Marabout)

Wenn Tintin auf Hopper trifft

Mashup-Künstler Xavier Marabout im Interview

Gerd Heger   05.12.2019 | 18:30 Uhr

In den sozialen Netzwerken machen seine Bilder Furore: Der bretonische Künstler Xavier Marabout mischt Comic mit Kunst. Im exklusiven SR.de-Interview erzählt er, wie es dazu kam.

Mashup - was ist das genau? Und warum machen Sie genau das?

Mashup ist für mich die Kunst, Kunstwelten zu entkleiden, ich nenne so etwas Strip Art. Eigentlich hat Mashup mich gefunden. Denn mein Name ist etwas speziell, Marabout ist kein Pseudonym, sondern mein echter Name. Und da gibt's ein Chanson nach einem Kinderreim: Marabout, Bout de Ficelle.... Das bekam ich hoch und runter gesungen, als ich klein war. Aufgebaut ist es auf der Verschmelzung von Silben und von Humor, also ein echtes Mashup. So wurde der parodistische Maler geschmiedet, der ich bin.

Mashup machen ist also nicht einfach eine Marketing-Entscheidung? Macht es wirklich Spaß, die Inspiration zweier im Endeffekt sehr unterschiedlicher Künstler zusammenzuführen?

Nein, null Marketing in dieser Vorgehensweise, meine Gedankenwelt wurde so konstruiert. Der Historiker Christian Jakob hat gesagt: "Es gibt keine kulturelle Übertragung ohne die Wiedervereinnahmung und die Angleichung an neue Rezeptionshorizonte." Genau das mache ich: Meine Arbeit als Künstler hinterfragt über meine abgedrehten Bildvermischungen andauernd die Kultur des Betrachters, die unsere Gesellschaft uns weitergibt. Und wie wir sie aufnehmen. Außerdem, ganz ehrlich, diese künstlerische Herangehensweise macht mich voll an.
God save the Queen - Xavier Marabout (Foto: Xavier Marabout)
God save the Queen

Neben diesen buchstäblich "spektakulären" Werken, was sind die Höhepunkt Ihrer Karriere?

Ich bin im Geiste kein Karrierist. Ich bin als Künstler geboren, habe immer gezeichnet und gemalt, seit ich mich erinnern kann. Ich bin ein Autodidakt, der seinen Weg auf intuitive Art geht. Wenn ich also den wichtigsten Punkt meines Berufslebens definieren soll, dann als ich mich 2006 im Künstlerhaus einschrieb, um endlich das zu sein, was ich immer war.

Auch ein Künstler muss seine Produkte verkaufen - wenn ich mich jetzt also in ein Mashup von Marabout verliebe, wie komme ich da ran?

Ja, ein Künstler muss verkaufen. Ein Bild zu kaufen ist ein Akt der Anerkennung. Ich verkaufe über verschiedene Netzwerke. Erstmal die Galerien, ganz klassisch, aber unumgänglich (die "3 cerises sur une étagère" in Paris, "Deza" in Roanne und "Presta'Art" in Uzès). Dann die Salons und Messen für zeitgenössische Kunst, und dann die, auf denen man einen direkten Zugang zum Publikum hat. Dazu kommen die Sozialen Netzwerke, über die ich viele direkte Aufträge bekomme (www.art-marabout.com).
Le Loup et Les baigneuses font leur cinéma à Deauville - Xavier Marabout (Foto: Xavier Marabout)
Le Loup et Les baigneuses font leur cinéma à Deauville.

Noch was Witziges zum Schluss: Sie leben in einem der schönsten Städtchen Frankreichs - nicht weit von da, wo Benjamin Franklin seinen Fuß auf französische Erde setzte. Wie findet man Sie in Auray, wie findet man Auray - und ist die Atmosphäre dort so elektrisierend wie Franklins Blitzexperiment?

Ich wohne tatsächlich am Hafen von Saint Goustan, 30m vom Quai Benjamin Franklin (dessen Schiff am 3. Dezember 1776 wegen eines Sturms den Hafen von Auray anlaufen musste, und der kam, um die Unterstützung der Franzosen gegen die Engländer zu bekommen). Aurey findet man leicht, denn die Stadt liegt auf der Straße, auf der man fährt, wenn man zu den weltweit bekannten Menhiren von Carnac fährt. Das Leben am Alten Hafen? Sehr friedlich außer in der Sommerzeit. Das trifft sich aber gut, denn das ist der Moment, wenn ich mein Atelier aufmache.

L'enlèvement de la poule aux oeufs d'or - Xavier Marabout (Foto: Xavier Marabout)
L'enlèvement de la poule aux oeufs d'or

Was man sonst noch über BD erfahren kann

Sie suchen nach bestimmten Comics - oder wollen einfach nur stöbern? Die bisherigen Artikel unserer Seite zu frankophonen Comics in Deutschland finden Sie hier.


Konzept

Die Comicbegeisterung in Frankreich ist mit dem deutschen Comicmarkt nicht zu vergleichen. Aber sie schwappt auch über die Grenze: Gut die Hälfte aller frankophonen Bücher, die für Deutschland übersetzt werden, sind Comics. Von den Klassikern wie Asterix oder Lucky Luke bis zu heutigen Serien wie Largo Winch oder XIII, von Cartoongrößen wie Sempé oder Pénélope Bagieu bis hin zu den Zeichnern und Zeichnerinnen von Charlie Hebdo oder den Graphic Novels eines Guy Delisle.

Hier bietet SR.de exklusiv für Deutschland eine regelmäßige Auswahl aktueller Titel, aber auch Hinweise auf Klassiker und Gesamtausgaben. Kontakt: gheger@sr.de

Artikel mit anderen teilen


Ihre Meinung

Push-Nachrichten von SR.de
Benachrichtungen können jederzeit in den Browser Einstellungen deaktiviert werden.

Datenschutz Nein Ja