Die französische Illustratorin Marion Fayolle (Foto: dpa)

Depressive Hexen und Leben in Schachteln

Die Preise beim Festival von Angoulême 2018

  01.02.2018 | 08:30 Uhr

Dass Comics längst nicht mehr nur einfach "Strips" sind, sondern dass die "Bandes dessinées" wahre Kunstwerke sein können, das weiß man in Frankreich längst. Jedes Jahr trifft sich die französische Comicbranche in Angoulême - und vergibt wichtige Preise.

Kleine Verlage, ehrgeizige Projekte

Die Preise des diesjährigen Comicfestivals von Angoulême gingen fast ausnahmslos an junge ComicautorInnen, die nicht zum Mainstream gehören. Außerdem wurden dadurch oft auch kleine, mutige Verlage ausgezeichnet. Beim wichtigsten Treffen der Comicbranche, das immer Ende Januar stattfindet (dieses Jahr vom 25. – 28.1., www.bdangouleme.com), ging so der Preis für das beste Album an La Saga de Grimr von Jérémie Moreau. Der 24-Jährige erzählt die an Wendungen reiche Geschichte eines Waisenkindes im Irland des 17. Jahrhunderts – in aquarellartigen Bildern. Nach Jahren beim Animationsfilm hat Moreau so mit seinem ersten Album gleich einen der begehrtesten Preise im französischen Comic eingeheimst.

Tochter des Comiczeichners Rene Goscinny, Anne (R) und Bürgermeister Philippe Mottet (L), in Angoulême 2007. (Foto: dpa)
Tochter des Comiczeichners Rene Goscinny, Anne (R) und Bürgermeister Philippe Mottet (L), in Angoulême 2007.

„Naiv, zerbrechlich, rührend“ – so bezeichnete die Zeitung Libération das Album Les Amours suspendus von Marion Fayolle, die beim 45. Festival von Angoulême den Jurypreis bekam. Klare Bilder in Pastelfarben folgen den Affairen und Liebesgeschichten eines jungen Mannes in sehr origineller Art und Weise. Eine erotiksüchtige und depressive Hexe, eine vollgedröhnte Katze und ein masochistischer Uhu sind die Helden von Simon Hanselmanns Serie Happy Fucking Birthday.

Pastel, Aquarell, Roughstyle, Manga

Schwarzer Humor und therapeutisches Schreiben prägen die Geschichten des Nichtfranzosen, den viele als eins der besten komischen Talente im Comic betrachten. Die Verlorenheit der Teens in einem sterilen Amerika ist ein Thema von Nick Drnaso – für seine Milieustudien Beverly (ursprünglich aus dem kanadischen Verlag Drawn & Quarterly) bekam er den Preis für die Entdeckung des Jahres, der Preis „du patrimoine“ (des Kulturerbes) wurde dem Japaner Kazuo Umezu für Je suis Shingo (frz. Titel) verliehen. Außer Simon Hanselmann, Jérémie Moreau und Kazuo Umezu ist bisher nach unseren Informationen keiner der Autoren in Deutschland veröffentlicht.

Die bisherigen Artikel von sr.de/bd

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Comicladen 'X-Comics' in Saarbrücken. (Foto: SR/Anne Schubert)
Comicladen 'X-Comics' in Saarbrücken.

Die wichtigsten Comicmessen in der Großregion: Festival de la BD (Colmar - 12.-18.3.), Le Livre à Metz (Metz - 13.-15.4.), Villers BD (bei Nancy, 12./13.5.), Imaginales (Epinal, 24.-27.5.), Strasbulles (Strasbourg, Juni), BD et Illustration (Haut-Koenigsbourg, 7.-15.7.), Festival International de la Bande dessinée (Contern/Luxemburg, 21./22.Juli, zum 25. Mal).


Konzept

Die Comicbegeisterung in Frankreich ist mit dem deutschen Comicmarkt nicht zu vergleichen. Aber sie schwappt auch über die Grenze: Gut die Hälfte aller frankophonen Bücher, die für Deutschland übersetzt werden, sind Comics. Von den Klassikern wie Asterix oder Lucky Luke bis zu heutigen Serien wie Largo Winch oder XIII, von Cartoongrößen wie Sempé oder Pénélope Bagieu bis hin zu den Zeichnern und Zeichnerinnen von Charlie Hebdo oder den Graphic Novels eines Guy Delisle.

Hier bietet SR.de exklusiv für Deutschland eine regelmäßige Auswahl aktueller Titel, aber auch Hinweise auf Klassiker und Gesamtausgaben. Kontakt: gheger@sr.de

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