Werner Klippert (Foto: SR)

Hörspielchef Werner Klippert über „Luckel“ Harig

 

Werner Klippert war nach Heinz Hostnig der zweite Hörspielchef von Ludwig Harig beim SR. Zwischen 1970 und 1986 arbeiteten sie beim SR zusammen. Aus dem beruflichen Miteinander ist längst eine Freundschaft geworden.

Von Axel Buchholz

Mit besonderer Freude erinnert  sich Klippert an Harigs traditionelle Heringsessen im Frühjahr. Frau Brigitte sorgte für die köstlichen Heringe und Harig selbst für ein kleines Programm. Meist las er dann aus neuen Texten geladener Literaten vor, seltener aus eigenen.

Als einen „freundlichen, lebenslustigen Menschen mit großem Engagement und viel Freude an der Literatur“ schätzt  der ehemalige SR-Hörspielchef seinen Autor. Aber auch bei der gemeinsamen Arbeit sei Harig sehr fleißig und zuverlässig gewesen, ein Gerne-Schreiber, den es morgens an den Schreibtisch gedrängt habe, sobald seine Frau das Haus verließ, um als Lehrerin zu unterrichten. „Er hat sich im Schreiben verwirklicht“, sagt Klippert. Und deshalb sei es in den meisten seiner Texte auch nicht von ungefähr um ihn selbst gegangen.

Egal, ob es um seinen Vater, seine eigene Jugend oder um Reisen ging, Harig habe nie aus Distanz heraus ge- und beschrieben, sondern bezog immer eigene Erlebnisse, Gedanken und Erfahrungen mit ein. Besonders gelte das auch, wenn er seine Heimatstadt Sulzbach, das Saarland und die Saarländer schriftstellerisch reflektiert habe. „Harig ist der saarländischste Saarländer, den ich kenne“, ist sich der Hesse Klippert sicher. „Er ist ein existenzieller Saarländer, der seine Heimat andichtet“. Wobei ein wenig „anbetet“ mitklingt, wenn Klippert das nach einigem Nachdenken so formuliert.

Als Klippert 1970 beim SR Hörspielchef wurde, war Harig bereits ein deutschlandweit akzeptierter Schriftsteller. „Er brauchte sich nicht zu sorgen, dass er keinen Abnehmer für seine Texte findet“. Für die Hörspiele waren das meist die großen Sender wie NDR und WDR. Für sie zu arbeiten, war für den freien Schriftsteller viel lukrativer als für den kleinen SR tätig zu werden. Der aber war häufig als Koproduzent (auch federführend) mit dabei. „Wir blieben für Harig der zweit- oder drittwichtigste Sender“, ist Klippert überzeugt. Die besondere Rolle von NDR und WDR erklärt sich zudem aus persönlichen Beziehungen. Beim NDR war es Hörspielchef Heinz Hostnig, der Harig in gleicher Funktion zuvor beim SR schon zu seinen wichtigen Autoren zählte. Und beim WDR knüpfte er an seine Zusammenarbeit mit Johann M. Kamps an, der ebenfalls vorher schon als Dramaturg beim SR ein enger künstlerischer Weggefährte Harigs war.

Damals nach 1960 war Harig ein führender Protagonist des „Neuen Hörspiels“ geworden, das sich weitgehend als Sprech- und Sprachspiel verstand.  „Dass es im Wesentlichen beim SR aus der Taufe gehoben wurde“, führt Klippert auf den Einfluss des Stuttgarter Ästheten Prof. Max Bense auf Harig und auf SR-Kontakte zu französischen Verfechtern dieser literarischen Strömung zurück. Sie „verfuhren quasi nach Rezept“ und ließen sich Texte „nach mathematischen Methoden aus sich heraus entwickeln“. 

Später, in den 70er Jahren, begleitete Klippert dann einen Harig, der sich zunehmend zum erzählerischen Schreiben hin entwickelte. Geschichten und Gedanken wurden in Sprache „gegossen“ und entstanden nicht mehr als Produkt des Spiels mit der Sprache. Trotzdem habe Harig in vielen Gesprächen immer wieder betont, wie wichtig und richtig seine Zeit als „experimenteller Autor“ für ihn gewesen sei.

„Das Fußballspiel“ war 1966 der Titel von Harigs erstem Hörspiel beim SR. Daran fühlte sich Klippert gelegentlich erinnert, wenn er nach seiner Zeit als Hörspielchef (bis 1986) dann im Programmbeirat des Saarländischen Rundfunks neben Harig saß. Manchmal stand der abrupt auf und ließ die Sitzung Sitzung sein. War das der Fall, wusste Klippert  Bescheid. Sein Freund „Luckel“ fürchtete, ein wichtiges Fußballspiel zu verpassen. Und das hätte der Fußball-Freak Harig bei allem sonstigen saarländischen Harmoniestreben sich denn doch nicht zumuten wollen. 

(Der Beitrag wurde von Werner Klippert autorisiert)

Werner Klippert und das Radio in Deutschland wurden im selben Jahr geboren: 1923. Klippert in Offenbach am Main, der „ Unterhaltungsrundfunk“ in Berlin an der Spree. Als Lehrer brachte es Klippert bis zum Oberstudienrat. Seine Liebe zum Hörspiel entdeckte er bei den Hörspielabenden mit seinen Eltern und als Kritiker, der bei der Frankfurter Abendpost fürs Hörspiel zuständig war.

1965 wurde der studierte Historiker Hörspieldramaturg beim HR, dann Chefdramaturg beim NDR. Ab 1970 leitete Klippert die Hörspielabteilung des SR, der damals neben dem SFB über das erste Stereo-Studio verfügte. Etwa 25 bis 35 „abendfüllende“ (wie es damals hieß) Hörspiele wurden pro Jahr produziert. Nach seiner Pensionierung 1986 gehörte Klippert  noch 14 Jahre für den Schriftstellerverband dem SR-Rundfunkrat und seinem Ausschuss Programmbeirat an.

Klippert hat mehrere Sachbücher über das Hörspiel und einen dokumentarischen Roman über seine Zeit beim SR geschrieben. 

Klippert ist stolz auf seine früheren Mitarbeiter beim SR:

  • Dr. Robert Karge folgte ihm 1986 als Hörspiel-Chef beim SR nach. Heute hat Annette Kührmeyer diese Funktion inne.

  • Sein Dramaturg Jochen Senf, feierte zwischen 1988-2005 Erfolge als SR-Tatort-Kommissar  und wurde damit bundesweit bekannt.

  •  Regisseur Dr. Norbert Schaeffer machte Karriere als NDR-Hörspielchef (seit 2006).

  • Stefan Dutt, damals Regieassistent, arbeitet heute als SR-Dramaturg sowie als Hörspiel-Regisseur in Saarbrücken und bei mehreren ARD-Sendern.

  • Peter König ist als Radio- und Fernseh-Moderator sowie als Autor beim SR tätig.

Autor: Axel Buchholz; Mitarbeit: Thomas Braun, Christine Gebel, Sven Müller, Roland Schmitt

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Wie für Ludwig Harig „die Zeit des Radios“ begann
Der damals 84-jährige Schriftsteller und SR-Autor Ludwig Harig lehnte Auftritte vor Mikrofon und Kamera dankend ab. An die Schreibmaschine setzte er sich jedoch gerne, um Erinnerungen an seine Anfangszeit als Radio-Autor aufzuschreiben.

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