Dokumentar Hans Ulrich Wagner (Foto: SR)
Dokumentar Hans Ulrich Wagner

Drei „erste“ Farbsendungen beim SR

Eine Dokumentation von Hans-Ulrich Wagner*

Mit dem berühmten symbolischen Knopfdruck von Bundeskanzler Willy Brandt begann in Deutschland das Farbfernsehen. Das war am 25. August 1967 in West-Berlin auf der 25. Großen Deutschen Funk-Ausstellung – wie die Internationale Berliner Funkausstellung bis einschließlich 1970 noch hieß. Und schon vier Tage später legte auch der SR Farbe auf.

In Farbe produziert wurde nämlich am 29.August ebenfalls auf der Funkausstellung die achte Folge der beliebten SR-Wunschmusiksendung „Meine Melodie“. Regisseur war Truck Branss. Die farbelektronische Aufzeichnung besorgte allerdings als Gefälligkeitsaufnahme (oder Produktionshilfe) der Sender Freies Berlin mit seiner Technik. Ausgestrahlt wurde die erste Farb-Sendung vom SR knapp vier Wochen später, am 19. September.

SR-Fundstücke
„Mir ware uns änich“
Nach 250 Jahren ist Ende Juni Schluss mit dem Kohleabbau im Saarland. Während der letzten gut 75 Jahre haben der SR und seine Vorgängersender den Bergbau an der Saar publizistisch begleitet. Mehr als sechs Jahrzehnte auch den Saarknappenchor.

Die nächste ARD-Sendung des SR in Farbe entstand dann schon ganz im Saarland: ein Film über den Saarknappenchor unter dem Titel „Und er hat sein helles Licht in der Nacht …“. Sendedatum war der Buß- und Bettag 1967, der 22. November. Regie hatte ebenfalls Truck Branss. Produzent war die „Telefilm Saar“, eine „Enkeltochter-Firma“ des SR. Gedreht wurde auf 35mm-Farbfilm. Der vor Gruben-, Hütten- und Naturkulisse gefilmte bunte Reigen europäischer Bergmannslieder ist somit der älteste für den SR produzierte 35mm-Farbfilm, von dem sogar noch Sendematerial nachgewiesen ist.

Der erste elektronisch komplett vom SR selbst produzierte Farbbeitrag in der ARD wurde erst rund ein Jahr später gesendet, am ersten Weihnachtsfeiertag 1968: eine von Manfred Heikaus für das Fernsehen bearbeitete Fassung der Spieloper „Des Kaisers neue Kleider“ von Eberhard Werdin. Es war die früheste auf 2-Zoll-Farb-MAZ gedrehte Eigenproduktion des SR für die ARD.

Drei „erste“ Farbbeiträge des SR zum ARD-Gemeinschaftsprogramm gibt es also: die erste elektronische Farbproduktion mit technischer SFB-Unterstützung (19.09.1967), den ersten 35mm-Farbfilm (22.11.1967) und die erste eigene elektronische Farbaufzeichnung (25.12.1968, jeweils Sendedatum).

In Farbe produziert wurde allerdings schon wesentlich früher beim SR. Die genauen Daten sind aber nicht immer archivarisch dokumentiert.
So wurde die am 12. Januar 1966 (!) gesendete erste Folge der von Werner Zimmer und Helga Hoffmann moderierten Gymnastikreihe „Üb mit - bleib fit“ bereits auf 2-Zoll-Farb-MAZ aufgezeichnet (so im Fernseharchiv nachgewiesen). Die Zuschauer bekamen sie aber sicher noch in Schwarzweiß zu sehen.

Auch auf 35mm-Farbfilm wurde bereits 1966 für den SR gedreht. Auftraggeber für diese Produktionen war die SR-Tochterfirma „Werbefunk Saar“ (WFS), Produzent wiederum deren Tochter, die „Telefilm Saar“ (TFS). Die Beiträge waren für das Vorabendprogramm (also zwischen 18.00 und 20.00 Uhr) bestimmt. Sie wurden einem Pool zugeliefert, aus dem sich die Werbefirmen verschiedener ARD-Anstalten in eigener Entscheidung bedienten, liefen also als Werberahmenprogramm bei mehreren Sendern.

Die erste dieser 1966 von der TFS für den SR-Werbefunk auf 35mm-Farbfilm gedrehte Produktion war ein Musik- und Ballettfilm mit dem Titel „Rainbow-Melodie“ (Autor: Emil Zalud, Regie: Ernst Schmucker). Darin erlebt ein junges Mädchen auf einem Rummelplatz träumerisch wunderliche Dinge. Von der rund fünfundzwanzig Minuten langen Auftragsproduktion ist das Original- bzw. Sendematerial leider nicht überliefert; auch fehlen Nachweise darüber, wann die Produktion ausgestrahlt wurde.

Ebenfalls schon 1966 wurden von der TFS auf 35mm-Farbfilm die Sendungen „Mit besten Grüßen“ und „Moonlight-Melodie“ produziert. Auch dazu liegen dem SR-Fernseharchiv weder Material noch Sendedaten vor. Beide stammen „aus der Feder“ von Emil Zalud und wurden von ihm beim SR redaktionell im Bereich „Musikalische Unterhaltung“ betreut. Dies waren offenbar „Vorratsproduktionen“ in Farbe, die dann nach der Einführung des Farbfernsehens im August 1967 sofort zur Verfügung standen und so die Attraktivität des Vorabendprogramms steigerten. Zudem eigneten sie sich so auch für in der Regel mehrfache Wiederholungen besser.

Nicht mehr ganz einfach feststellbar ist, wann der „Aktuelle Bericht“ (AB), das regionale Aushängeschild des SR, zum ersten Mal vollständig in Farbe ausgestrahlt wurde (also inklusiv der Moderation). Laut Unterlagen der Honorar- und Lizenzabteilung des SR soll es die Ausgabe vom 20.Oktober 1971 sein. Im ARD-Jahrbuch von 1972 ist als erste AB-Sendung, in der alle Einspieler (Beiträge) farbig gesendet wurden, die vom 19.Oktober 1971 genannt. Jedenfalls war es erst längere Zeit nach der schrittweisen Einführung des Farbfernsehens ab Ende August 1967.

Stand-Bild aus dem einem der beiden Farbbeiträge in der SR-Regionalsendung  „Aktueller Bericht“ (Foto: SR)
Stand-Bild aus dem einem der beiden Farbbeiträge in der SR-Regionalsendung „Aktueller Bericht“

Einzelne Beiträge im „Aktuellen Bericht“ wurden freilich schon vorher in Farbe gesendet. Zum ersten Mal wohl am 9. August 1969. Der eine war eine Eigenproduktion des SR und informiert über die Schule für Rundfunk- und Fernsehtechnik in Nürnberg. Der andere Beitrag, ein Originalfarbfilm der NASA, handelt vom ersten Flug von Menschen zum Mond mit der US-Raumfähre „Apollo 11“. Otto Deppe hatte für den SR im Juli 1969 als Reporter von der Mondlandung der beiden Astronauten Neil Armstrong und Edwin „Buzz“ Aldrin berichtet, den Film aus dem amerikanischen Mission Control Center in Houston/Texas mitgebracht und für den AB bearbeitet. In Farbe gedreht hatte man im SR für andere Regionalsendungen schon wesentlich früher. So wurde am 28. November 1967 (drei Monate nach der Einführung des Farbfernsehens in der ARD) im Magazin „Prisma“ ein Beitrag von Horst „Ohm“ Wegener mit dem Titel „Postkarte aus Carcassonne“ ausgestrahlt – zwar noch in Schwarzweiß, produziert hatte ihn der Kameramann aber bereits in Farbe.

* Hans-Ulrich Wagner ist im SR-Archiv für „Langzeitsicherung Fernsehen“ zuständig. Text: ab

Redaktion für den Arbeitskreis SR-Geschichte: Axel Buchholz (ab); Mitarbeit: Franz Brehm, Walter Schönhofen, Sven Müller, Kurt Otto, Roland Schmitt, Hans-Ulrich Wagner, Hans-Joachim "Pit" Weber, Klaus Peter "Kape" Weber

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