Klaus Groth live (Foto: Ruppenthal)

Statt Sendepause: „90 Bunte Funkminuten“ im SR-Programm

 

Heute kaum vorstellbar – aber 1963 noch tägliche Praxis: Vormittags gab es im ersten Hörfunk-Programm des SR eine lange Sendepause. Aus „technischen Gründen“ hieß es.

Von Axel Buchholz

Das war eine Erklärung, die sich der erste Sendeleiter von Radio Saarbrücken, Pierre Séguy, in Nachkriegszeiten hatte einfallen lassen, erzählt der ehemalige Technische Direktor, Walter Schönhofen. „Es war bestenfalls die halbe Wahrheit“, fügt er hinzu. „Selbst damals hätten die Sender einen ganztägigen Sendebetrieb schon durchgehalten. Aber für mehr Programm reichten Geld und Mitarbeiter wohl noch nicht.“

Das hatte sich 1963 offenbar geändert. Zudem war die Konkurrenzsituation für den SR-Hörfunk eine andere geworden. Die „vier fröhlichen Wellen“ von Radio Luxemburg machten ihm erfolgreich Hörer streitig. Und die waren mit einem Pausenzeichen-Dauereinsatz in der wichtigen Sendezeit am Vormittag nicht zurückzugewinnen. Deshalb sollte die Programmlücke vom 30. September an geschlossen werden. Von der Technik her stand dem nichts im Wege. Sie konnte die regelmäßig erforderlichen Wartungs- und Messarbeiten am Mittelwellensender in die Nacht verlegen.

„Verlebendigtes Programm“

Das Sendungskonzept für den Lückenschluss übermittelte Programmdirektor Dr. Wilhelm Zilius Anfang August dem Intendanten Dr. Franz Mai. Danach sollten die 90 Minuten „in der neuen Art eines verlebendigten Hörfunkprogramms“ gestaltet werden. Ein Redakteur war dafür vorgesehen, der dafür Wort und Musik plant und auch selbst moderiert: „Ein geschlossenes Programm“. Daran konnten sich Zuliefer-Redaktionen aus den Bereichen Aktuelles und Kulturelles Wort wie auch das der Volksmusik beteiligen (AW, KW und V).
Die Sendung richtete sich besonders an die Hausfrauen. Vor allem sie hörten am Vormittag zuhause Radio. Außer Haus berufstätige Frauen gab es damals noch längst nicht so viele wie heute. Als Sendungsart entschied man sich für die Magazinform: also für viel Musik (65 Minuten) und dazwischen, thematisch bunt gemischt, mehrere Wortbeiträge (insgesamt 25 Minuten). Die neue Sendung bekam deshalb den Namen „90 Bunte Funkminuten“. Dieser Titel war aus etwa zwei Dutzend Vorschlägen von SR-Mitarbeitern ausgewählt worden. Allerdings nur für „zunächst“. Mit bisher 50 Jahren wurde es ein langes „zunächst“. 

Die bunte Mischung aus Unterhaltungsmusik und höchstens drei Minuten langen unterhaltenden wie auch informativen Wortbeiträgen sollte man gut nebenbei hören können – so wie sie wenig später mit der Einführung der Europawelle Saar am 2. Januar 1964 zum fast durchgängigen Programmkonzept wurde.
Drei Moderatoren waren ursprünglich vorgesehen. Klaus Groth war der Vorschlag von Albert C. Weiland, dem Leiter der Hauptabteilung Unterhaltung. Groth war ihm vom damaligen Süddeutschen Rundfunk in Stuttgart empfohlen worden. Er hatte sich auch beim SR (wohl seit 1960) als vielseitiger Mitarbeiter in der Unterhaltung erwiesen. Im monatlichen Wechsel neben ihm waren Christa Adomeit und ihr Kollege Klaus Greinke eingeplant, beide geschätzte und langjährige SR-Haussprecher.

Hörfunk-Begabungen gesucht

Klaus Groth machte im Oktober den Anfang, die beiden anderen folgten im November und Dezember. Eigentlich sollten sogar noch mehr Moderatoren folgen. Aber schnell saß nur noch Klaus Groth hinter dem Mikrofon, weil er sich als genau die richtige Radio-Persönlichkeit für diesen Sendeplatz erwies. Im Sendungskonzept des Programmdirektors hatte es ja auch schon geheißen: „Diese Sendung stellt … ein Experimentierfeld für besonders hörfunkgeeignete Begabungen dar.“ Es war ein kurzes Experiment mit einem durchschlagenden Erfolg.

Die Beschränkung auf nur einen Moderator entsprach ebenfalls den bereits länger laufenden Programm-Überlegungen für die ab 2. Januar 1964 geplante „Europawelle Saar“: Personality-Radio mit wenigen möglichst bekannten und beliebten Moderatorinnen und Moderatoren.

Dass die Bunten Funkminuten so bereits drei Monate zuvor zu einem Stück vorweggenommene Europawelle wurden, war bestimmt kein Zufall. Schließlich entstand das Konzept für beides ungefähr zeitgleich, ausgearbeitet von denselben Programm-Verantwortlichen. 

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