Poet und Liedermacher aus dem Elsass: Roger Siffer mit seiner Band 1977 beim SR-Waldfest   (Foto: SR)

Vom Nachklapp-Waldfest zum Halberg Open Air

 

Von Frank Rainer Huck

Am 5. Juli 2013 wird zum 33. Mal das Halberg Open Air auf der Festwiese vor dem Funkhaus Halberg gefeiert, heißt es überall. Genau genommen allerdings ist es als „Halberg Open Air“ erst die 31. Ausgabe. Denn das erste „Ferienfest von SR 1 Europawelle Saar“ fand am 16. Juni 1981 auf dem St. Johanner Markt in Saarbrücken statt.

Auch im folgenden Jahr wurde dort noch lautstark der Ferienbeginn eingeläutet. Massive Beschwerden der Anwohner veranlassten die Stadtverwaltung jedoch, den „Antrag auf Genehmigung von Musikdarbietungen“ der SR 1-Jugendredaktion künftig abzulehnen. So kam das Ferienfest im Jahr 1983 erstmals auf den Halberg, und zwar gleich für zwei Tage, vom 15. bis 16. Juli.

Mit dem „Waldfest“ begann alles

Schon zwei Jahre früher hatte SR 3 Saarlandwelle die Wiese vor dem Funkhaus erfolgreich für die Veranstaltungsreihe „Pfingsttreff auf dem Halberg“ erprobt, und zwar erstmals am Pfingstmontag, dem 8. Juni 1981. Aber auch dies war nicht das erste Open Air Festival auf dem Halberg. Am 14. Mai 1977 nämlich veranstaltete das TV-Jugendprogramm unter Beteiligung von „Drugstore 1421“ das „1. Nachklapp Waldfest“ auf dem Rondell vor der großen Wiese, die damals noch nicht dem heutigen Parkplatz unterhalb des Pförtnerhauses zum Opfer gefallen war.

Huck mit Nachklappteam (Foto: SR)
Das Nachklapp-Team 1977 im FS-Schneideraum (v.l.): Brigitte Schroedter, Cutterin Renate Nebe, Frank Rainer Huck, Georg Bense.

„Nachklapp“ hieß die Sendung, die die Jugendredaktion der Abteilung Familienprogramm Fernsehen Anfang 1976 gestartet hatte. Dr. Peter Werner war der Abteilungsleiter, federführende Redakteurin Brigitte Schroedter. Die Redaktion hatte einmal im Monat donnerstags ab 19 Uhr im 3. TV-Programm S3 einen Sendeplatz von 45 Minuten zur Verfügung. Anfangs bestanden die ersten 30 Minuten aus Übernahmen der mit dem SR kooperierenden Sender SDR und SWF. In aller Regel waren dies Musiksendungen aus dem Pop- und Rockbereich. Die letzten 15 Minuten, der „Nachklapp“ eben, wurden vom SR produziert. Diese Sendung war als Service-Sendung für Jugendliche gedacht und stellte Folk- und Jazzgruppen aus dem Sendegebiet von S3 vor, verbunden mit Veranstaltungstipps und Informationen aus dem Umfeld der Folkszene. Auf Grund meiner Erfahrungen und Kontakte aus meinen früheren HF-Sendungen „Pop Corner“ und „Folk und Folks im Saarland“ auf SR 2 Studiowelle Saar holte Brigitte Schroedter mich als Berater und Moderator in das Nachklapp-Team.

In den 1970er Jahren schwappte eine regelrechte Folk-„Welle“ über Deutschland, als bundesweite Fortsetzung der legendären Liedermacher-Treffen auf der Hunsrücker Burg Waldeck und auch als Gegenbewegung zu der vorherrschenden Schlager-, Pop- und Rockszene. Diese Musik also wurde im „Nachklapp“ schwerpunktmäßig vorgestellt. Zahlreiche Folkclubs entstanden, in denen wir für den SR Live-Auftritte der Künstler filmten. Gegen Ende des Jahrzehnts nahm auch die Zahl der Folkfestivals ständig zu. Während des Sommers 1977 gab es rund 20 mehrtägige Festivals in ganz Deutschland, und die Nachklapp-Redaktion wollte da nicht abseits stehen. Am zweiten Wochenende im Mai war es soweit. Neben dem Parkplatz-Rondell auf dem Halberg wurden zwei Bühnen aufgebaut, Hörfunk- und Fernseh-Übertragungswagen gingen auf Station. In der Mitte des Rondells entstand ein großer Holzstoß für das Lagerfeuer, denn auch 1977 waren die Maiabende nicht gerade warm. Schon tags zuvor liefen Studenten mit großen Tafeln durch die Saarbrücker Innenstadt, und auch Norbert Klein machte im „Drugstore1421“ mächtig Reklame für das Ereignis.

Huck im Interview mit Norbert Klein (Foto: SR)
Drugstore-Redakteur Norbert Klein (r., jetzt SR-Chefredakteur) interviewt Frank Rainer Huck.

Huck und Alfred Gulden (Foto: SR)
Poet und Liedermacher aus Saarlouis: Alfred Gulden 1977 beim SR-Waldfest (r. Moderator Frank Rainer Huck)

Am Samstagabend, dem 14. Mai, strömten dann gegen 19 Uhr Hunderte meist jugendlicher Folkfans auf den Halberg. Norbert Klein, der als zuständiger Redakteur das Konzert für den „Drugstore“ mitschneiden ließ, machte zu Beginn mit mir ein Interview, und dann war das Konzert für die TV-Aufzeichnung in den bewährten Händen von Regisseur und Kameramann Georg Bense. Als erster trat Alfred Gulden mit Gedichten in Saarlouis-Rodener Mundart auf, die er um diese Zeit gerade zu vertonen begann.

Danach konnte ich Jürgen Albers vorstellen, ebenfalls mit eigenen Liedern auf Saarbrücker Platt. Besonders seine Textversion des bekannten Liedes „Mir sinn Saarbrigger” erntete erste Beifallsstürme und ist, mit einigen kleinen Textvariationen, noch heute brandaktuell: „Mir sinn Saarbrigger, mir schbiele Kligger, mir schmeiße Geld naus, wo gar keens iss!“

 Als überregional bekannte deutsche Folkgruppe sang und spielte anschließend das Duo „Zupfgeigenhansel“, das mit seiner zweiten LP „Volkslieder“ gerade für den Deutschen Schallplattenpreis nominiert worden war. Vielen der Festivalgäste bereits bestens bekannt, wurde die beiden mit viel Beifall begrüßt und sangen aus ihrem Repertoire Volkslieder aus dem 15. und 16. Jahrhundert, sowie politische Lieder aus dem Vormärz und aus der Arbeiterbewegung.

Höhepunkt des Abends war dann der Auftritt von Roger Siffer mit seiner Gruppe, der sicherlich bekannteste elsässische Poet und Liedermacher. Mit seiner Mischung aus politischen Liedern und elsässischen Tanzliedern brachte er das Publikum richtig in Schwung. Der „Hans im Schnokeloch“ durfte dabei nicht fehlen. Bis kurz vor Mitternacht wurde getanzt und gefeiert, und die rund 800 bis 1000 Festivalbesucher machten sich, wie man allseits hören konnte, sehr zufrieden auf den nächtlichen Heimweg.

Sicherlich hatte diese erste Open Air-Veranstaltung auf dem Halberg noch nicht die Ausmaße der späteren Ferienfeste, aber die Stimmung war eine ausgelassene, fröhliche und friedliche. Sicherheits- und Alkoholkontrollen waren noch überflüssig, Müllberge noch nicht wegzuräumen. Und vor allem: Den Zuhörern wurde echte Live-Musik geboten, keiner der auftretenden Künstler sang oder spielte zu Halb- oder Vollplaybacks. Ein zweites Nachklapp-Waldfest hat es dann leider nicht mehr gegeben.

Bliebe noch zu ergänzen, dass rund einen Monat später, am 12. Juni 1977, das SR-Festival „Musik im 20. Jahrhundert” ebenfalls eine „Musik im Freien“ veranstaltete. Und Besucher des Halbergs an diesem sonnigen Sommersonntag werden sich vielleicht noch erinnern, wie ein indisches Ensemble Mittags-Ragas auf der großen Wiese spielte, wie Musiker des RSO entlang des Weges zur Mithras-Grotte im Gebüsch hockten und das Stück „Sticks and Stones“ realisierten, und wie abschließend in der Mithras-Grotte Alphornbläser aus dem Donautal zusammen mit RSO-Musikern eine „Waldmusik“ uraufführten. Halberg Open Air Konzerte haben also schon eine lange Tradition, nur sind sie in den letzten 30 Jahren wohl etwas lauter geworden. Allerdings auch viel größer.

Redaktion für den Arbeitskreis SR-Geschichte: Axel Buchholz (ab); Mitarbeit: Eva Röder Sven Müller, Hans-Ulrich Wagner und Roland Schmitt.

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