Petra Michaely nimmt in Island mit einem tragbaren Tonbandgerät und einem Mikrofon Geräusche auf (Foto: privat)

Die SR-Journalistin Petra Michaely – wie sich ihre Kollegen Lutz Hahn und Adolf Müller an sie erinnerten

 

Von Lutz Hahn und Axel Buchholz

Lutz Hahn* hat die „Journalistin der Sozialreportage“ 1969 gleich zu Beginn seiner Berufstätigkeit als Unterhaltungsredakteur beim SR kennengelernt:

„Petra Michaely  (*1925; † 2000) war zu der Zeit längst eine geschätzte Journalistin, deren Features über brennende soziale Themen auch in vielen deutschen Radioprogrammen gesendet wurden.

Für die Unterhaltungsabteilung im Hörfunk betreute Petra Michaely als freie Mitarbeiterin am Sonntagmorgen eine Sendung, in der auch soziale Themen zur Sprache kamen, zum Teil in Form feuilletonistisch angelegter Beiträge. Diese Sendung sollte ich übernehmen. So kam ich mit Petra Michaely ins Gespräch und blieb es in gewisser Weise über viele Jahre, obwohl die Zuständigkeit für die genannten Themen genau zu diesem Zeitpunkt an andere Redaktionen fiel.

Lutz Hahn (Foto: Oettinger Reiner)
Unterhaltungsredakteur Lutz Hahn und Petra hatten einen guten Draht zueinander.

In der Folge schrieb Petra Michaely für die Unterhaltung eher kleinere Beiträge, z.B. für die Vormittagssendung „Bunte Funkminuten“ mit Moderator Klaus Groth. Wie sie es gern ausdrückte: "Zur Erholung" von den oft bedrückenden Erfahrungen bei der Recherche schwieriger gesellschaftlicher Themen.

Mehr zu Klaus Groth:
Wie Klaus Groth sich ins Herz der Hausfrauen moderierte
Sie gehören zu den ältesten noch existierenden Radio-Sendungen des SR: die „Bunten Funkminuten“. 2013 haben sie ihren 50. Geburtstag gefeiert. Die ersten 17 Jahre lang war Klaus Groth der Moderator.

Sie kam regelmäßig in der Redaktion vorbei und berichtete von ihren Erfahrungen und Erlebnissen. Im Zusammenhang mit ihrer journalistischen Arbeit als Sozialreporterin engagierte sie sich häufig auch sehr praktisch für sozial Benachteiligte und Hilfsbedürftige als persönliche „Sozialarbeiterin“. Entlassenen Strafgefangenen etwa, versuchte sie bei der Resozialisierung zu helfen. Ein schriftstellerisch sehr begabter Ex-Häftling fand so den Weg zum SR.

In der Hörspiel-Familienserie "Der verwaltete Engel" hat Petra Michaely mit humorvollem Blick ein Stück eigener Familiengeschichte verarbeitet.

Die Erfahrungen des Försters Engel und seiner Familie mit der
Forstverwaltung, der Umzug in das direkt an einer Straße gelegene
Forsthaus Neuhaus und die Verwicklungen in der Familie selbst gaben
reichlich Stoff ab für die 11teilige Serie. Sie lief von Oktober bis Dezember 1986 auf SR3 Saarlandwelle. Regie führte Norbert Schaeffer, der in Hörspielkreisen äußerst renommiert war und ursprünglich vom SR kam. Besonders mit dem damals sehr erfolgreichen Schauspieler Karl-Michael Vogler hatte er für eine prominente Besetzung gesorgt.

Petra Michaelys zweiter Mann, Heinz Brehm, war ja Förster und liebte wie sie die Natur und vor allem Islandpferde – die folglich quasi zur Familie gehörten.

Um geeignete Fotos für die Hauszeitung SR-Info zu bekommen, war Petra Michaely mit mir auch vorher zur "Tatort"-Besichtigung gefahren. Die ganze Produktion ist Petra Michaely lange in so guter Erinnerung geblieben, dass sie mich auch viel später noch freudig darauf angesprochen hat, sogar dann noch mehrfach, als sie schon auf ihrem angesprochen hat, sogar dann noch mehrfach, als sie schon auf ihrem traurigen Weg ins große Vergessen war.

Was Fernseh-Redakteur Adolf Müller** so mit Petra Michaely erlebte

"Ein Herz für die armen Leute hat sie gehabt". Dr. Adolf Müller weiß das nicht nur aus den vielen Fernseh-Beiträgen von Petra Michaely für seine Redaktion. Er hat es auch selbst miterlebt. Einmal war er mit der für ihre Sozialreportagen bekannten Autorin auf der Rückfahrt von einem Dreh bereits in Saarbrücken fast am Ziel. Es regnete in Strömen, war kalt und ungemütlich. Schnell nach Hause wollten sie, ins Warme und Trockene. Da fiel ihnen im Vorüberfahren an einer Straßenkreuzung ein Bettler auf, ungeschützt stand er da, war völlig durchnässt.

„Was für ein armer Bursche“, dachte Müller. Petra Michaely sagte es laut – und blieb bei dem Thema bis sie zuhause auf dem Scheidter Berg ausstieg. Aber nur, um gleich wieder in die Lebacher Straße zurückzufahren, wo sie den Bettler gesehen hatten. Nun mit ihrem Mann am Steuer. Widerspruch zwecklos. Sie hatte ihm kurz klargemacht, dass dem „armen Teufel“ gleich geholfen werden müsse. Danach hatte der dann wenigstens einen Regenschirm.

Vor-Recherche für einen anderen Dreh in Illingen. Fernseh-Zuschauer hatten in einer Gaststätte ein Schild entdeckt: „Zigeuner unerwünscht“. So sagten damals noch fast alle. Aber nicht nur das Schild hatte Petra Michaely aufgeregt, auch das Schicksal einer alten Frau, die keine Sozialhilfe bekam – zu Unrecht wie die Sinti meinte. Und ein Skandal sei auch, dass es dort, wo die Sinti ihre Wohnwagen abgestellt hatten, keine Wasserleitung gab. Themen genug für einen Fernsehbeitrag. Aber nicht lange. Als Müller und seine Autorin nämlich nach 10 Tagen wiederkamen, sollte die Sozialhilfe auf wunderbare Weise nun doch gezahlt und die Wasserleitung gelegt werden. Petra Michaely war sehr zufrieden mit diesem Ergebnis ihrer zwischenzeitlichen Recherchen bei den Behörden – obwohl sie ihr Fernseh-Thema damit „kaputt recherchiert“ hatte.

Auch Müller war äußerst zufrieden. Er bekam nämlich von der Sinti seinen Seidenschaal überreicht, den er dort bei der Vor-Recherche vergessen hatte.
Adolf Müller arbeitete gern mit Petra Michaely zusammen. „Sie hat sauber recherchiert und gut geschafft“. Aber nicht nur deshalb.

*Zur Person Lutz Hahn

Lutz Hahn (*7.10.1941) war von 1969 bis 2005 Unterhaltungsredakteur im Hörfunk (für alle drei Programme des SR). Er betreute unter anderem Krimi-, Kabarett- und Mundartsendungen, produzierte satirische Beiträge (zum Beispiel mit Hape Kerkeling am Anfang von dessen Karriere) und war nach Karl-Heinz Schmieding Redakteur des SR-Gesellschaftsabends.

Lutz Hahn zu:
Hanns Dieter Hüschs Gesellschaftsabend EXTRA: Saarbrettl
Parallel zum Haupt-Gesellschaftsabend des SR gab es in den 80er Jahren in Kooperation mit der Saarbrücker Zeitung und deren erfolgreicher Kleinkunstreihe "Saarbrettl" einen regionalen Ableger des Gesellschaftabends mit Hanns Dieter Hüsch. Lutz Hahn, verantwortlicher SR-Redakteur dieser Sendung, erzählt die Geschichte von "Hanns Dieter Hüschs Gesellschaftsaben EXTRA - Saarbrettl".

**Zur Person Adolf Müller

Dr. Adolf Müller (geb. am 11. April 1924), war studierter Geograph mit Botanik und Zoologie im Nebenfach. Den Journalismus lernte er bei der Rheinpfalz in Ludwigshafen. Am 1. Januar 1963 begann Müller beim SR-Fernsehen als erster festangestellter (Nachrichten-)Redakteur im Aktuellen Bericht. Das FS-Mittagsmittagsmagazin (im 1. Programm), das unterhaltsame Magazin „Mosaik“, die Sendung „Kontakte“ (im Vorabendprogramm des Ersten) mit Beiträgen über Land und Leute sowie das hintergründige und („nicht oft genug“) kritische „Magazin Saar Drei“ nannt er als weitere berufliche Stationen.

SR-Fundstücke
Die Anfänge der aktuellen Landesberichterstattung im SR-Fernsehen: Es begann mit der „Abendschau“
Auch wenn der „aktuelle bericht“ bereits rund ein halbes Jahrhundert lang über das Geschehen im Saarland und in der Großregion informiert: die älteste SR-Fernsehsendung mit tagesaktueller Landesberichterstattung ist er nicht. Drei Vorgängersendungen hatte er: die „Abendschau“, „Hüben und drüben“ und „Aktuelles von hüben und drüben“. Es war die Pionierzeit des SR Fernsehens.

Schon bevor es Zeitgeist wurde, bearbeitete Müller mit Vorliebe „grüne Themen“ – und eckte (nicht nur) damit an, wenn er es für nötig hielt. Ganz seinem Wahlspruch gemäß: „Ein echter Mann beugt sich nur, wenn er einen Fehdehandschuh aufhebt“. Nicht ohne Stolz sagte der „echte pfälzische Protestant“: „Meine Vorgesetzten hatten es nicht immer leicht mit mir – ich aber auch nicht mit ihnen.“ Wie mit dem, der von ihm verlangte, seine mündliche Honorarzusage gegenüber einem freien Mitarbeiter nachträglich zu kürzen.

Müller lehnte entrüstet ab, stritt „bis aufs Messer“, unterlag – und wechselte in den Hörfunk. Dort im Zeitfunk auf der Saarlandwelle arbeitete er dann bei Karl-Höchst und Hans-Georg Klein bis zum vorgezogenen Ruhestand am 30.06.1988. Der freie Mitarbeiter übrigens bekam das ursprünglich zugesagte Honorar schließlich doch noch, erzählte Müller immer wieder voller Genugtuung. Die Honorar- und Lizenzabteilung habe letztlich auch gemeint: Zugesagt, ist zugesagt.

Redaktion für den Arbeitskreis SR-Geschichte: Axel Buchholz (ab); Mitarbeit: Jutta Grünewald, Bert Lemmich, Sven Müller, Karl-Heinz Schmieding, Michael Fürsattel, Roland Schmitt

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