Was Fernseh-Redakteur Adolf Müller so mit Petra Michaely erlebte

"Ein Herz für die armen Leute hat sie gehabt". Dr. Adolf Müller weiß das nicht nur aus den vielen Fernseh-Beiträgen von Petra Michaely für seine Redaktion. Er hat es auch selbst miterlebt. Einmal war er mit der für ihre Sozialreportagen bekannten Autorin auf der Rückfahrt von einem Dreh bereits in der Lebacher Straße in Saarbrücken. Es regnete in Strömen, war kalt und ungemütlich. Schnell nach Hause wollten sie, ins Warme und Trockene. Da fiel ihnen im Vorüberfahren an einer Straßenkreuzung ein Bettler auf, ungeschützt stand er da, war völlig durchnässt.

„Was für ein armer Bursche“, dachte Müller. Petra Michaely sagte es laut – und blieb bei dem Thema bis sie zuhause auf dem Scheidter Berg ausstieg. Aber nur, um gleich wieder in die Lebacher Straße zurückzufahren. Nun mit ihrem Mann am Steuer. Widerspruch zwecklos. Sie hatte ihm kurz klargemacht, dass dem „armen Teufel“ gleich geholfen werden müsse. Danach hatte der dann wenigstens einen Regenschirm.

Vor-Recherche für einen anderen Dreh in Illingen. Fernseh-Zuschauer hatten in einer Gaststätte ein Schild entdeckt: „ Zigeuner unerwünscht“. So sagten damals noch fast alle. Aber nicht nur das Schild hatte Petra Michaely aufgeregt, auch das Schicksal einer alten Frau, die keine Sozialhilfe bekam – zu Unrecht wie die Sinti meinte. Und ein Skandal sei auch, dass es dort, wo die Sinti ihre Wohnwagen abgestellt hatten, keine Wasserleitung gab. Themen genug für einen Fernsehbeitrag. Aber nicht lange. Als Müller und seine Autorin nämlich nach 10 Tagen wiederkamen, sollte die Sozialhilfe auf wunderbare Weise nun doch gezahlt und die Wasserleitung gelegt werden. Petra Michaely war sehr zufrieden mit diesem Ergebnis ihrer zwischenzeitlichen Recherchen bei den Behörden – obwohl sie ihr Fernseh-Thema damit kaputt recherchiert hatte.

Auch Müller war äußerst zufrieden. Er bekam nämlich von der Sinti seinen Seidenschaal überreicht, den er dort bei der Vor-Recherche vergessen hatte.

Adolf Müller arbeitete gern mit Petra Michaely zusammen. „Sie
hat sauber recherchiert und gut geschafft“. Aber nicht nur deshalb.
Siehe oben.

Zur Person

Dr. Adolf Müller (geb. am 11. April 1924), ist studierter Geograph mit Botanik und Zoologie im Nebenfach. Den Journalismus lernte er bei der Rheinpfalz in Ludwigshafen. Am 1. Januar 1963 begann Müller beim SR-Fernsehen als erster festangestellter (Nachrichten-)Redakteur im Aktuellen Bericht. Das FS-Mittagsmittagsmagazin (im 1. Programm), das unterhaltsame Magazin „Mosaik“, die Sendung „Kontakte“ (im Vorabendprogramm des Ersten) mit Beiträgen über Land und Leute sowie das hintergründige und („nicht oft genug“) kritische „Magazin Saar Drei“ nennt er als weitere berufliche Stationen.

Schon bevor es Zeitgeist wurde, bearbeitete Müller mit Vorliebe „grüne Themen“ – und eckte (nicht nur) damit an, wenn er es für nötig hielt. Ganz seinem Wahlspruch gemäß: „Ein echter Mann beugt sich nur, wenn er einen Fehdehandschuh aufhebt“. Nicht ohne Stolz sagt der „echte pfälzische Protestant“: „Meine Vorgesetzten hatten es nicht immer leicht mit mir – ich aber auch nicht mit ihnen.“ Wie mit dem, der von ihm verlangte, seine mündliche Honorarzusage gegenüber einem freien Mitarbeiter nachträglich zu kürzen.

Müller lehnte entrüstet ab, stritt „bis aufs Messer“, unterlag – und wechselte in den Hörfunk. Dort im Zeitfunk auf der Saarlandwelle arbeitete er dann bei Karl-Höchst und Hans-Georg Klein bis zum vorgezogenen Ruhestand am 30.06.1988. Der freie Mitarbeiter übrigens bekam das ursprünglich zugesagte Honorar schließlich doch noch, erzählt Müller noch heute voller Genugtuung. Die Honorar- und Lizenzabteilung habe letztlich auch gemeint: Zugesagt, ist zugesagt.

Redaktion für den Arbeitskreis SR-Geschichte: Axel Buchholz (ab); Mitarbeit: Jutta Grünewald, Bert Lemmich, Sven Müller, Karl-Heinz Schmieding, Michael Fürsattel, Roland Schmitt

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