Ursprünglich wollte er Bankdirektor werden. Aber es kam für Otto Deppe dann doch ganz anders.
Von Otto Deppe
Nach einer Banklehre und einem Semester BWL-Studium an der Technischen Hochschule Hannover, besuchte ich in Saarbrücken meinen Mitabiturienten und Freund Hans Harro Schmidt aus Bad Pyrmont, der an der Saar-Uni ein VWL-Studium angefangen hatte. Später wurde er beim SR Hörfunkdirektor. Und ich war begeistert – unter anderem, weil es auf dem Campus der Saarbrücker Uni Tennisplätze gab: Ich war ja ein leidenschaftlicher Tennisspieler.
Auf den Tennisplätzen nahm, nach dem Wechsel an die Saarbrücker Universität, dann meine spätere berufliche Laufbahn ihren Anfang. Wie der Zufall so spielt, lernte ich dort einen Jura-Studenten namens Axel Buchholz kennen, der mir einen entscheidenden Tipp gab. „Geh mal zum SR, zum Zeitfunk, die suchen einen Mitarbeiter“. Er selbst hatte den Fuß dort schon in der Tür als ehemaliger freier Mitarbeiter beim SFB. Und er hatte noch einen Tipp: „Der Chef des Zeitfunks, Dr. Heinz Dützmann, ist ursprünglich Altphilologe. Also bring bei der Vorstellung gleich mit ein, dass du das große Latinum hast“. Und es funktionierte. Der Sender war erst sechs Jahre in der ARD und noch in seiner Aufbauphase.
Ich bekam zur Probe sofort den Auftrag, die Leiterin einer Haushaltsschule in Neunkirchen zu interviewen. Das Honorar, 75 DM, war für mich ein fürstlicher Betrag, denn ein Student musste damals mit 180 DM pro Monat nach dem Honnefer Modell auskommen. Das war am 23. März 1963. Zu diesem Interview rückte übrigens ein Ü-Wagen mit drei Mann Besatzung an.
Heute nimmt ein Reporter dafür einen digitalen Flashrecorder mit, nicht viel größer als ein dickeres Mikrofon. Kurz darauf wurden wir Reporter dann aber mit Maihag-Aufnahmegeräten ausgerüstet (den sog. Gondis), die mit Federaufzug liefen und sauschwer waren.
Natürlich führten die Honorare des SR dazu, die Frage zu stellen, ob es überhaupt noch erforderlich war, das Studium zu beenden. Und da bin ich Dr. Heinz Dützmann noch heute dankbar. „Wenn Du kein Examen machst, kriegst Du keinen Auftrag mehr“. Also legte ich mich ins Zeug und schloss das Studium im Herbst 1965 als Diplom-Kaufmann ab.
Danach ging es zügig voran. Anfang Januar 1967 startete das neue Reise- und Automagazin „Auf allen Straßen – Mit Musik unterwegs“, damals die größte Radiosendung dieser Art in Deutschland. Ich war der Redakteur, noch als freier Mitarbeiter.
Zwei Jahre später kam für mich eine besondere Zäsur. Ich war schon immer an Luft- und Raumfahrtthemen interessiert. Und da die Europawelle Saar den Anspruch hatte, bei wichtigen Ereignissen mit eigenen Reportern direkt dabei zu sein, war es nur logisch, dass ich mich zur ersten Mondlandung mit Apollo 11 im Sommer 1969 auf den Weg nach Cape Canaveral und Houston machen konnte. Die Genehmigung dafür war übrigens mehr als einfach. Ich trug dem Programmdirektor Karl-Heinz Reintgen meine Idee vor, und seine Antwort war: „Dann fahr doch hin“. Dauer des Gesprächs: etwa eine Minute.
Ich habe dann bis 1972 einige hundert Beiträge abgesetzt, überwiegend live und für die meisten Sender der ARD. Danach kamen noch Live-Einsätze für Skylab, Sojus und Apollo. Anfang der 80er folgten Reportagen über die ersten vier Space-Shuttle-Flüge.
Mitte der achtziger Jahre meldete sich das Fernsehen. Zusammen mit Elke Herrmann, Norbert Klein und Jörg Gehlen moderierte ich abwechselnd das Abendprogramm von Südwest 3. Das begann um 19.00 Uhr und dauerte oft bis weit nach Mitternacht. Jeder von uns war sozusagen eine one man/woman show. Wir verlasen die Nachrichten, die vom Hörfunk zugeliefert wurden, moderierten Spielfilme an und setzten uns u. a. mit Kulturthemen auseinander. Dieser Einsatz lief über einige Jahre, bis mich bei einer Tagung der Anruf von Chefredakteur Otto Klinkhammer ereilte: „Sie müssen sofort zu Probeaufnahmen für die Moderation der ,Tagesthemen‘ nach Saarbrücken kommen.“
Es schloss sich abwechselnd mit anderen Moderatoren, u. a. dem späteren Intendanten des SR, Dr. Manfred Buchwald, ein zweijähriger Einsatz in Hamburg an. Die Moderation des ARD Wirtschaftsmagazins „Plusminus“ folgte von 1990 bis zum Jahr 2000. Ende der achtziger Jahre bekam der SR die Zuständigkeit für den „ARD Ratgeber Reise“. Ich war der verantwortliche Redakteur ebenso wie für viele weiteren TV Sendungen: „Unterwegs“ zusammen mit dem SWF und dem SWR, „Sport Aktiv“ zusammen mit dem HR, „Reisetipps“ im Vormittagsprogramm der ARD und „Teletour“ in Südwest 3. Übrigens damals die einzige Live-Reisesendung mit Publikum im Studio und interaktiv mit Anrufen der Zuschauer.
Etwa zwanzig Jahre lang moderierte ich den „Aktuellen Bericht“ und betreute als Redakteur oder Autor zahlreiche große Reisefeatures. Nebenbei wurde ich stellvertretender Hauptabteilungsleiter Wirtschaft, Chefreporter Fernsehen und als Nachfolger von Werner Zimmer Hauptabteilungsleiter Sport und Gesellschaft. In dieser Funktion bin ich auch in den Unruhestand gegangen.
Es war eine überaus spannende Zeit, und ich habe es nie bereut, den Sprung auf einen Bankdirektorensessel versäumt zu haben.
Redaktion für den Arbeitskreis SR-Geschichte: Axel Buchholz (ab); Mitarbeit: Eva Röder (Gestaltung) und Roland Schmitt (Fotos/Recherche)