Thumbnail "72 Stunden im größten Slum Asiens" (Foto: YouTube / Daniel Ngl)

Daniel Ngls Statement zur Recherche von offen un' ehrlich: Wer macht das größte Clickbait?

  15.05.2025 | 10:18 Uhr

Dies ist die Antwort des YouTubers Daniel Ngl zum offen un' ehrlich YouTube Video "Wer macht das größte Clickbait?", in dem es um Reisevlogger und ihren Umgang mit Clickbait in Vorschaubild und Überschrift geht.


Bevor ich auf eure drei Punkte konkret eingehe, möchte ich ein paar Worte zu meinem Content allgemein verlieren: 

Die Intention meiner Videos ist es, sinnvollen (und vielleicht auch für einige Zuschauer) inspirierenden Content zu schaffen, der mich selbst begeistert. Dabei möchte ich die Offenheit für andere Kulturen fördern. Die Videos sollen zeigen, wie das Leben außerhalb unserer Bubble aussieht, und Respekt für andere Kulturen vermitteln. Ich möchte jedem Menschen auf Augenhöhe begegnen – unabhängig von Herkunft, Lebensweise oder kulturellem Hintergrund. Ich glaube, das ist gerade in der heutigen Zeit wichtiger denn je. 

Ich verfolge zwar keinen wissenschaftlichen Ansatz, trotzdem möchte ich mit meinen Videos auch Wissen vermitteln. Mein Content soll eine Mischung aus Entertainment und Information sein. Mit diesen Infotainment-Videos versuche ich, die Plattform Youtube in Deutschland zu bereichern.


"offen un ehrlich" fragte: Wie wählst du die Themen für deine Videos aus, bzw. die Orte, die du besuchst? Nimmst du irgendwo Inspiration her für Inhalte, Thumbnails und Titel?


Bei der Themenauswahl ist mir wichtig, dass sie mich selbst faszinieren und gleichzeitig für meine Zuschauer spannend sind. Inspiration finde ich in den unterschiedlichsten Quellen: Sei es durch persönliche Erfahrungen auf Reisen, Erzählungen der Menschen vor Ort, Internetrecherche in Blogs oder Foren, Inhalte auf YouTube oder auch Fernsehen und Streamingdiensten. Auf Letzteren suche ich dabei zum Beispiel nach Dokumentationen in meinem Themenbereich oder auf YouTube schaue ich mir an, was internationale Kanäle machen.

Im Kern drehen sich meine Videos um einzigartige Kulturen, Bräuche und Religionen oder sehr besondere Orte dieser Welt. Diese Themen existieren bereits in der realen Welt – wir Creator oder auch große Fernsehproduktionen dokumentieren sie lediglich. Aus diesem Grund finde ich es wichtig zu betonen, dass niemand ein Thema für sich beanspruchen kann. Es wäre anmaßend, einen exklusiven Anspruch auf eine Kultur oder einen Ort zu haben.

Viele der Themen, die ich behandle, wurden bereits schon lange vor der Zeit von YouTube durch TV-Produktionen erzählt oder mehrfach von internationalen Creatorn aufgegriffen. Ich sehe mich daher nicht als jemand, der das Rad neu erfindet, sondern vielmehr als jemanden, der diese Geschichten neu dokumentiert, in meinen persönlichen Kontext einordnet und für die deutsche YouTube-Community zugänglich macht. Dabei versuche ich immer, der Story meinen eigenen Touch zu geben.

Ich denke, das gelingt mir durch verschiedene Aspekte: Durch authentische Gespräche mit Locals, den inhaltlichen Aufbau der Videos, mein persönliches Storytelling und letztlich auch durch meinen eigenen Blickwinkel und meine Person. Der Videostil unterscheidet sich meiner Meinung nach meist grundlegend von klassischen TV-Produktionen oder anderen Creatorn auf YouTube.

Was die Thumbnails betrifft, ist wichtig zu betonen, dass wir für fast jedes Video drei unterschiedliche Thumbnails erstellen. Diese lassen wir mithilfe des integrierten ABC-Testfeatures von YouTube gegeneinander antreten. Das Thumbnail, das bei den Zuschauern am besten ankommt, wird dann automatisch ausgewählt und angezeigt. Es handelt sich also immer um ein Bild, das sich bereits gegen zwei andere Konzepte durchgesetzt hat. Bei der Gestaltung dieser Thumbnails lassen wir uns natürlich auch von anderen Creatorn inspirieren – allerdings achten wir darauf, auch stets unseren eigenen Stil einzubringen. Ihr werdet bei ein paar meiner Videos ähnliche Thumbnailkonzepte wie bei vergleichbaren Videos internationaler Kanäle finden. Oftmals liegt dies daran, dass diese Konzepte schlicht das Videothema am effektivsten darstellen. Aus diesem Grund haben sich die jeweiligen Vorschaubilder schlussendlich auch gegen die anderen beiden Varianten im ABC-Test durchgesetzt.


"offen un ehrlich" fragte: ”Wie wichtig sind Thumbnail und Titel für den Erfolg eines Videos? Und worauf achtest du bei der Erstellung von Thumbnails und Titeln?”


Der Titel und das Thumbnail eines Videos sind von entscheidender Bedeutung – das wisst ihr sicherlich selbst. Sie machen einen guten Teil des Erfolgs eines Videos aus, da sie der erste und einzige Berührungspunkt sind, den potenzielle Zuschauer mit dem Inhalt haben. Deshalb ist es wichtig, diese attraktiv zu gestalten. Mein persönlicher Maßstab ist einfach: Ich frage mich, ob ich selbst darauf klicken würde. Gleichzeitig lege ich Wert darauf, das Titel und Thumbnail nicht zu überdramatisiert sind.


"offen un ehrlich" fragte: Unser Korrespondent aus neu Delhi sagt: "Was mir auffällt ist, dass Titel und Filme weit auseinandergehen. Heißt die Titel [und Thumbnails] sind reißerisch, die Filme aber relativ realistisch. So ist das Leben in Dharavi. Ich war selbst dort, bin durch diesen Slum gelaufen.”


Zunächst danke ich euch, dass ihr die Dokumentation als realistisch einschätzt. Dies ist mein Ziel.

Was genau als reißerisch aufgenommen wird, ist natürlich immer etwas subjektiv. Den Titel würde ich persönlich als realistisch einschätzen:

Ich war 72h vor Ort ist eine korrekte zeitliche Angabe. Dharavi ist der größte Slum Asiens. Das Leben vor Ort würde von der durchschnittlichen deutschen Zuschauerschaft sicher als “verrückt” eingestuft werden. Ich glaube viele Zuschauer würden sogar mit einem noch stärkeren Adjektiv oder einem Superlativ mitgehen. Die Verwendung eines solchen habe ich aber bewusst vermieden. Am Ende bleibt dies aber natürlich eine subjektive Einschätzung.

Das Thumbnail ist meiner Empfindung nach nicht reißerisch. Ich habe einen neutralen Gesichtsausdruck und befinde mich in einer Menschenmenge. Diese finden sich in der Menschenfülle an sehr vielen Orten in Indien. Ich habe hier bewusst darauf geachtet, nicht zu überdramatisieren.

Wie andere Creator ihre Thumbnails gestalten, rechtfertigt natürlich nicht das eigene Design. Dennoch ist es hier vielleicht interessant, um mein Vorschaubild einmal in eine Perspektive zu rücken. So sieht beispielsweise das Thumbnail eines großen amerikanischen Creators über sein Video in Dharavi aus. Ich denke, da ist meines noch relativ moderat.

 (Foto: YouTube / Daniel Ngl)

Aus den genannten Gründen kann ich den Punkt, “der Titel und Film würden weit auseinandergehen” nicht wirklich nachvollziehen.

Bezüglich des folgenden Absatzes:

”Und ich habe noch ein Problem damit. Da wird auf der einen Seite der Europäer dargestellt, der große weiße Europäer, und auf der anderen Seite die dunkelhäutigen armen Menschen. Und der Europäer tut den armen Menschen etwas Gutes. Das ist irgendwie kolonialistisch und das ist irgendwie rassistisch.”

Ich bin mir Konzepten wie des White Saviorism oder Armutstourismus sehr bewusst und setze mich vor jedem Videodreh intensiv mit diesen Themen auseinander. Mein Ziel ist es, keine kolonialen Denkmuster zu reproduzieren oder ungleiche Machtverhältnisse zu verstärken.

Meine Körpergröße lasse ich an der Stelle mal außen vor. Diese kann ich nicht beeinflussen und sie sollte keine Relevanz für dieses Thema haben.

Das Video über Dharavi hatte eine klare Intention: die Lebensrealität der Menschen vor Ort authentisch darzustellen. Ich habe dabei bewusst darauf geachtet, den Menschen auf Augenhöhe und respektvoll zu begegnen, ohne sie herabzusetzen oder ihre Eigenständigkeit zu untergraben. Ich zeige die Realität so, wie ich sie erlebe – ohne sie zu dramatisieren oder zu romantisieren. Um sicherzustellen, dass meine Darstellung nicht auf Vorurteilen basiert, informiere ich mich im Vorfeld intensiv über die Geschichte und den kulturellen Kontext meiner Reiseziele. Mein Ziel ist es, Menschen in ärmeren Gebieten nicht auf Stereotype zu reduzieren, sondern ihnen eine Stimme zu geben und ihre eigenen Geschichten sichtbar zu machen.

Zudem stelle ich in meinen Video keineswegs dar, dass die Menschen in Dharavi auf meine Hilfe angewiesen wären. Im Gegenteil: Ich zeige bewusst, dass Dharavi ein Wirtschaftszentrum mit großer Autonomie ist. Meine Spendenaktion war zudem für meine Begriffe relativ dezent gehalten und nicht darauf ausgelegt, eine große emotionale Reaktion hervorzurufen oder mich selbst total in den Mittelpunkt zu stellen. Auch macht sie nicht den Hauptteil meines Videos oder gar die ganze Aufmachung (Titel, Thumbnail) aus, was bei vielen anderen solchen Aktionen oft der Fall ist.

Gleichzeitig ist es bei Videothemen dieser Art auch immer ein Balanceakt: Auf der anderen Seite wird bei solchen Spendenaktionen schnell der Vorwurf des White Saviorism laut. Auf der einen Seite könnte man auch kritisieren, und solche Kommentare habe ich auch bereits bekommen (z.B. wenn ich Videos in einkommensschwachen Gebieten mache und nicht zeige, ob und wie ich die Menschen finanziell unterstütze), dass ich Content produziere und die Menschen vor Ort (vermeintlich) nicht davon profitieren lasse.

Die Frage ist also: Wo zieht man die Grenze? Wenn man aufgrund dieser Kritikpunkte sagt, man dürfe gar keine ärmeren Gebiete mehr zeigen, würde das meiner Meinung nach auch den Menschen in diesen Arealen nicht gerecht werden. Aus diesen Gründen habe ich mich dafür entschieden, dass ich diese Art von Videos machen kann, wenn ich dabei den Menschen respektvoll begegne und ihre Würde wahre.

Ich hoffe, ich habe meine Ansichten verständlich ausgedrückt.

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