Voodoo Museum in Straßburg (Foto: Patrick Wiermer)

Im Kontakt mit den Toten

Das Voodoo Museum in Straßburg

Patrick Wiermer  

Voodoo hat rund 60 Millionen Anhänger. Seine Ursprünge liegen in Ghana, Benin und Togo. Viele Objekte rund um diesen Mythos sind in einer außerordentlichen Sammlung im Voodoo Museum in Straßburg zu sehen.

In kaum einer Stadt im näheren Umkreis von Saarbrücken dürften so viele Kulturen aufeinander treffen wie in Straßburg. So ist es kaum verwunderlich, dass ausgerechnet der Elsässer Marc Arbogast, früher Chef einer inzwischen geschlossenen deutschen Brauerei, Kunst aus den ehemaligen französischen Kolonien Westafrikas zu einer außerordentlichen Sammlung zusammengetragen hat.

Voodoo Museum in Straßburg (Foto: Patrick Wiermer)

Zu sehen ist sie ganz in der Nähe des Straßburger Bahnhofs, im ehemaligen Wasserschloss, das das Wasser für die Lokomotiven speicherte. Beide Bauten sind wichtige Spuren deutscher Architekten. Doch im Gegensatz zum Bahnhof war das Wasserschloss bis vor wenigen Jahren noch verfallen. Marc Arbogast kaufte den Turm, sanierte ihn und schuf Platz für insgesamt mehrere Hundert Objekte rund um den Mythos Voodoo.

200 Ausstellungsstücke

Tatsächlich geht es bei dem Rundgang um den Mythos, um Glaube, Wahrheit und Fiktion. „Das Bild ist weitestgehend geprägt von Hollywood. Die berühmten Nadelpuppen zum Beispiel gab und gibt es so nicht“, sagt Adeline Beck, Verwalterin der Sammlung. Das Museum lebt von der Aura seiner Ausstellungsstücke. 200 sind es insgesamt, die meisten wurden tatsächlich noch vor wenigen Jahren bei Ritualen benutzt und dann entsorgt. „Marc hat die Stücke vor der Müllhalde gerettet – oder vor dem Feuer“, sagt Beck.

Voodoo Museum in Straßburg (Foto: Patrick Wiermer)

Doch was ist eigentlich Voodoo? Das wird im ersten Stock erklärt. Hier geht es um die Götterwelt der Voodoosi, der rund 60 Millionen Anhänger des Voodoo. Die Ursprungs-Zentren sind Ghana, Benin, Togo. „Durch die Sklaverei kam die Religion aber auch nach Brasilien, Haiti und in den US-Bundesstaat Louisiana“, sagt Beck. Der Begriff „Voodoo“ ist dabei dem Begriff für „Gottheit“ in der Sprache Fon entlehnt. Diese Sprache wird vor allem in Benin gesprochen. Praktiziert wird Voodoo in einer Vielzahl von Glaubensrichtungen und Ritualen. Im Mittelpunkt stehen die Ahnen und zahlreiche Gottheiten.

Verbindung zwischen Menschen und Göttern

Etwa Legba. „Legba stellt die Verbindung zwischen den Menschen und den Göttern her. In etwa so wie Hermes“, sagt Beck. In der Straßburger Sammlung ist der Wächter der Wegkreuzungen gleich mehrfach zu sehen. Zu erkennen ist er an seinem Hundekopf.

Oder die Mami Wata, deren Name sich wohl von Mother of the water ableitet. Sie ist mehr als nur eine Wassergöttin. Sie verspricht materielle Gaben, kann Krankheiten heilen oder menschliche Beziehungen beeinflussen. Die Mami Wata steht aber auch für die Vermischungen von Voodoo und außerafrikanischen Einflüssen. Dargestellt ist sie in Straßburg als eine Art Sirene mit Wurzeln in der europäischen Tradition, das Gesicht ähnelt hinduistischen Figuren.

Mediathek

Audio: Tour de Kultur: Das Voodoo-Museum in Straßburg
[Audio, SR 3, 22.08.2016, Patrick Wiermer, Länge: 3:56 Min.]]
Audio: Tour de Kultur: Das Voodoo-Museum in Straßburg
[SR 3, Patrick Wiermer, Länge: 3:56]

Begräbnisstelen und ein Kreuz

Der Einfluss anderer Religionen wird auch im zweiten Stock bei den Begräbnisstelen deutlich. Da sind eisernen Stäbe, an deren Spitze dutzende Figuren und Zeichen angebracht sind. Und da findet sich dann auch mal ein christliches Kreuz.

Der zweite Stock, zugleich auch der gruseligste, widmet sich dem Totenkult und der dunklen Seite des Voodoo, der Schwarzen Magie. In der Ecke: ein Krokodilschädel mit zugebundenem Maul. Er beinhaltet für einige Voodoosi die Kraft, einen Menschen ins Jenseits zu befördern. Das bezieht sich durchaus auch auf reale Ereignisse: Immer wieder werden auch in Westafrika Menschen von Krokodilen angegriffen.

Voodoo Museum in Straßburg (Foto: Patrick Wiermer)

Ein paar Meter daneben sind drei menschliche Schädel aufgestellt, sie sind verziert, tragen Schmuck. „Das sind Schädel von weisen und besonders begabten Menschen. Ihre Münder sind zugenäht. So bleibt das Wissen der Toten erhalten. Einige Priester glauben, dass sie deren Kräfte bekommen, wenn sie diese Schädel besitzen“, sagt Beck. Diese Priester nennen sich Bokor, und sind der Schwarzen Magie mächtig. „Das umfasst die bösen Zauber. Etwa wenn man einen Nachbarn verfluchen will“, erklärt Beck. Es sind diese Geschichten, die das Bild und das Klischee des Voodoo geprägt haben. Dass Voodoo aber auch eine bunte Seite hat, zeigen die traditionellen Tänze der Eguneguns im dritten Stock des Turms.

Spektakuläres Schauspiel

Zu sehen sind aufwändig gestaltete Ganzkörpermasken. Sie sind aus mehreren Schichten bunten Stoffs hergestellt. Beck: „Jede Schicht symbolisiert einen Ahnen.“ Die Masken werden von speziell ausgebildeten Männern bei rituellen Tänzen getragen. „Die Voodoo-Anhänger können sie dann etwa fragen, ob ein verstorbenes Familienmitglied sicher im Jenseits angekommen ist“, so Beck. Ein spektakuläres Schauspiel, das Marc Arbogast bei seinen Reisen auch auf Video dokumentiert hat.

Das Voodoo-Museum bietet einen guten und vielfältigen Rundum-Blick in eine der ältesten Religionen der Welt, zumindest in seiner ursprünglichen, westafrikanischen Ausprägung. Eine durchaus überraschende Eskapade ins Exotische, die man in Straßburg nicht vermutet hätte. Und bevor es wieder rausgeht in das uns eher vertraute Straßburg, gibt es auch etwas Voodoo-to-Go. An der Kasse kann man echte Fetische kaufen – zum Beispiel, um die Ehe wieder etwas aufzufrischen.

Patrick Wiermer


Auf einen Blick


Kontakt
Château Vodou
4, rue de Koenigshoffen
F-67 000 Strasbourg
Tel.: (00 333) 88 36 15 03
E-Mail: contact@chateau-vodou.com
www.chateau-vodou.com

Öffnungszeiten
Mi., Fr., Sa. und So.: 14.00 bis 18.00 Uhr
Do.: 14.00 bis 21.00 Uhr

Eintritt
Erwachsene: 14 Euro
ermäßigt: 11 Euro
Kinder (6 bis 12 Jahre): 8 Euro
Führungen auf Deutsch sind möglich.

Anfahrt
Mit dem Auto von Saarbrücken nach Saargemünd. Dort auf die A 4 nach Straßburg bis zur Abfahrt 3 Porte Blanche. Das Museum befindet sich in der rue de Koenigshoffen. Dort ist das Parken etwas schwierig. Es empfiehlt sich daher, im Parkhaus Sainte Aurélie am Boulevard de Metz zu parken. Mit dem Zug von Saarbrücken zum Bahnhof in Straßburg. Das Museum befindet sich in unmittelbarer Nähe südlich des Bahnhofs. Zu Fuß dauert es etwa fünf bis zehn Minuten.



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