Alfred Döblin-Weg im Bliesgau (Foto: Karin Mayer)

„Europa heißt die Realität von heute“

Der Alfred-Döblin-Weg im Bliesgau

Karin Mayer  

Im ersten Weltkrieg war der Arzt und Schriftsteller Alfred Döblin in einem Lazarett in Saargemünd stationiert. Diesem wurde er schnell überdrüssig und es zog ihn hinaus aufs Land. Der Alfred-Döblin-Weg im Bliesgau folgt seinen Wanderungen und erinnert an einen großen Vordenker des heutigen Europas.



Den ganzen Tag hatte Alfred im Lazarett gestanden. Er hatte Beinschüsse operiert. Knochenbrüche und blutige Wunden untersucht. In viele hoffnungsvolle Augen hatte er geblickt und bei einigen gewusst, dass er nicht mehr helfen konnte. Das war im Jahr 1915. Der Erste Weltkrieg tobte und jeden Tag wurden neue Verletzte ins Lazarett nach Saargemünd gebracht. Jeden Tag schickte er Männer zurück ins Feld, und das erschien Alfred Döblin zunehmend sinnlos.

Alfred Döblin (Foto: Karin Mayer)

So oft es ging, zog er sich aus dem Lazarett zurück. Hinaus in die Natur. Wandern, so weit die Füße tragen, und den Kopf durchlüften. Im Bliesgau konnte er die Augen weiden im samtenen Grün und durch die Hügel streifen. Ob in Bliesschweyen oder Bliesgersweiler – das Tal der Blies hatte es ihm angetan. Er lernte auch den Ritthof zwischen Bliesransbach und Bliesmengen-Bolchen kennen und schätzen. Der Hof war damals ein bekanntes Ausflugsziel und ein gut gehendes Weingut. An diese Tradition erinnert heute ein kleiner Weinberg unterhalb des historischen Gebäudes. Und auf den Spuren des Schriftstellers und Arztes Alfred Döblin führt heute der Alfred-Döblin-Weg, der am Ritthof startet.

"In diesem lothringischen Nest"

Unterhalb des Weinbergs steht die erste Infotafel: Döblin 1878 geboren, hatte sich freiwillig für den Kriegsdienst gemeldet. So kam er seiner Einberufung zuvor. Aus der Großstadt Berlin zog er nach Saargemünd. Also aufs Land. Und dort fühlte er sich zunächst fehl am Platz. Weil er längst ein Schriftsteller war, schrieb er das auch auf:

Alfred Döblin-Weg im Bliesgau (Foto: Karin Mayer)

„Nun sitze ich in diesem lothringischen Nest. Ich sehe keine Autos, keine Droschke; ab und zu einen Hand­wagen, bäurische Leute mit schiefen schwarzen Filzhüten ... Ich wohne in einem der drei Hotels an der Bahn; fünfzehn Minuten geradeaus von hier ist das Städtchen durchschritten; draußen liegt unser Lazarett.“

Zum Glück gab es den Bliesgau. Vom Ritthof aus zog er den Hügel hinauf zwischen Wiesen und Felder. Je höher er stieg, desto weiter wurde der Blick in die Landschaft. Das können die Wanderer gut 100 Jahre später noch ebenso genießen. Hinter dem Ritthof geht der Weg nach rechts. Immer weiter hinauf, vorbei an Hecken, an Obstbäumen. Den Ort Bliesransbach sieht man bald von oben. Vielleicht waren es weniger Häuser zu Alfred Döblins Zeiten. Ganz sicher aber haben ihn die Landschaft und die Ruhepausen am Ritthof noch lange beschäftigt. Die Novelle Das Gespenst vom Ritthof jedenfalls spricht dafür, dass Döblin seine zwei Jahre in Saargemünd auch literarisch verarbeitet hat.

Alfred Döblin-Weg im Bliesgau (Foto: Karin Mayer)

Oberhalb von Bliesransbach gehen wir entlang an weiteren Informationstafeln. Alfred Döblin hatte in Berlin bereits eine eigene Arztpraxis. Er brachte seine Familie mit nach Saargemünd. Sein erster Sohn war erst wenige Wochen alt, als er ins damals deutsche Saargemünd umsiedelte. Zwei Jahre lebte die Familie hier. Nach dem Krieg zogen die Döblins zurück nach Berlin und Alfred Döblin trat in die USPD ein. Er schrieb Romane und Novellen, teilweise unter Pseudonym. 1933 begann eine lange Zeit der Flucht für die Familie. Sie führte über Zürich, Paris, Südfrankreich, Spanien und Portugal bis in die USA.

Ein Vordenker Europas

Alfred Döblin-Weg im Bliesgau (Foto: Karin Mayer)

Der Alfred-Döblin-Weg zieht dagegen nur eine Schleife um Bliesransbach. Wir gehen bergab und erreichen den Ort bei der Wendelinus-Kapelle. Es geht nach links Richtung Ortsmitte. Wichtige Information für uns: Alfred Döblin kam zurück nach Europa. Er arbeitete für die französische Militärverwaltung und hatte 1952 im Saarland einen seiner letzten Auftritte. Im Saarbrücker Rathaus hielt er eine Rede für Europa. Er forderte die europäische Vereinigung und die Aussöhnung zwischen Deutschland und Frankreich.

„Die alten Staatensysteme haben ihren Sinn verloren. Europa heißt die Realität von heute und ist eine Realität in uns.“ (29.6.1952)

Von der Wendelinusstraße biegen wir nach links ab und kommen am Friedhof vorbei. Ab jetzt geht es wieder bergauf, und schon bald nähern wir uns wieder unserem Startpunkt beim historischen Ritthof.

Der Alfred-Döblin-Weg ist eher ein Spazierweg als ein Wanderweg. Ein halbe bis dreiviertel Stunde – länger braucht man nicht, um eine Runde zu drehen. Es gibt aber viele Möglichkeiten, die Strecke zu verlängern. Etwa wenn man an der Kapelle in Richtung Hartungshof geht, eine weitere Möglichkeit ist eine Abbiegung in Richtung Gräfinthal. Je nach Geschmack kann man eine oder mehrere Stunden unterwegs sein. Einkehren kann man in der Nähe der Strecke am Wintringer Hof oder im Gräfinthaler Hof.

Karin Mayer


Kontakt

Gemeinde Kleinblittersdorf
Rathausstraße 16-18
66271 Kleinblittersdorf

Tel.: (06805) 20 08- 0
E-Mail: info@kleinblittersdorf.de
www.kleinblittersdorf.de

Öffnungszeiten

Ganzjährig geöffnet.

Eintritt

Der Eintritt ist frei.

Anfahrt

L 105 zwischen Bliesransbach und Bliesmengen-Bolchen links abbiegen in Richtung Ritthof, hier beginnt der Alfred-Döblin-Weg. Parken am Wegrand.



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