Die Pariser Sühnekapelle (Foto: Stefanie Markert)

Die Pariser Sühnekapelle

Stefanie Markert   20.01.2024 | 12:57 Uhr

Jeden 21. Januar entdeckt Frankreich fast mit Erstaunen seine Royals wieder, heißt es im Figaro. An diesem Tag jährt sich die Enthauptung Ludwigs des XVI. im Jahr 1793 durch die Revolution. Jedes Jahr pilgern Nachfahren der Bourbonendynastie und ihre Anhänger zu einer kleinen Kapelle, der Sühnekapelle.

Die Pariser Sühnekapelle steht am Ort des Friedhofs, zu dem die Guillotinierten gebracht wurden. Monate nach der Enthauptung von Ludwig XVI auch Marie-Antoinette. Später erlaubte die Restauration den Bau der Kapelle, die heute eingezwängt ist in den urbanen Kontext unweit der großen Kaufhäuser auf dem Pariser Boulevard Haussmann.

Es lebe der König!

Die Pariser Sühnekapelle
Audio [SR 2, Stefanie Markert, 20.01.2024, Länge: 04:05 Min.]
Die Pariser Sühnekapelle

Das Haus Bourbon hält dort einen Gottesdienst ab und am 21. Januar erschallen Rufe, die man im Januar sonst nur hört, wenn die Franzosen eine Königs-Galette essen. Wer im Blätterteig eine eingebackene Figur findet, bekommt eine goldene Pappkrone auf und Familie, Freunde und Kollegen rufen: Es lebe der König!

An der Sühnekapelle aber meinen die Versammelten dann einen echten Thronprätendenten. Manches Jahr kommt er auch persönlich: Louis Alphonse de Bourbon, einer der Thronprätendenten. Will er König von Frankreich werden? „Ich bin verfügbar, fragen Sie die Franzosen!“ Monarchien würden Einigkeit, Stabilität und historischen Halt bringen. Kann Frankreich gerade gebrauchen. Wohl deshalb erleben monarchistische Gruppen, oft rechts und nationalistisch gestimmt, einen Aufschwung.

17 Prozent wollen Rückkehr zur Monarchie

Umfragen dazu gibt es kaum. Die meistzitierte stammt von 2016. Demnach wünschen sich nur oder immerhin 17 Prozent der Franzosen eine Rückkehr zur Monarchie. In der Kapelle steht unter der Hauptkuppel  Louis XVI. als Skulptur. Museumsführer Thomas Pucci:

„Er wird nicht dargestellt wie sonst ein König. Er kniet. Und man hat den Eindruck, hielte ihn nicht der Engel hinter ihm, würde er vom Sockel stürzen. Es ist eine Metapher für die letzten Worte, die Ludwig XVI. von seinem Beichtvater am Tag der Hinrichtung gehört hat: ‚Sohn des Heiligen Ludwigs, steige in den Himmel.'"

An die Mitbürger denken

Mit goldenen Lettern auf schwarzem Marmor steht ein Zitat auf dem Sockel. Des Königs politisches Testament, geschrieben als sein Prozess begann. Darin spricht der König, in der Thronfolge eigentlich nur Nr. 3, nicht mehr wie üblich von „Subjekten“, sondern aufgeklärt von „Bürgern“: „Ich empfehle meinem Sohn, sollte er das Unglück haben, König zu werden, daran zu denken, sich voll und ganz dem Wohl seiner Mitbürger zu widmen.“

Ein Thema der Sendung Canapé am 21.01.2024 auf SR 2 KulturRadio. Das Foto ganz oben zeigt die Pariser Sühnekapelle. (Bildquelle: Stefanie Markert)

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