Aktenstapel  (Foto: dpa)

Zu viel zu tun – zu wenig Kontrolle?

red   29.01.2013 | 09:00 Uhr

Sie sind in aller Munde: die gescheiterten Großprojekte wie Stuttgart 21 oder der neue Hauptstadtflughafen. Auch auf kleinerer Ebene läuft immer wieder etwas schief. Heute verteilt der Saarbrücker Stadtrat einige Aufsichtsratposten neu. Aber sind Aufsichtsräte überhaupt in der Lage, ihrer Kontrollfunktion nachzukommen?

Kostenexplosion, Fehlplanung, Korruption – diese Dinge scheinen vor allem bei Großprojekten in Deutschland an der Tagesordnungen zu sein. Ob man nach Stuttgart, Berlin oder Saarbrücken schaut, überall scheitern Projekte oder es gibt Misswirtschaft. Eigentlich gibt es bei allen großen Unternehmen und Bauvorhaben ein Kontrollgremium, das solche Vorkommnisse verhindern soll - die Aufsichtsräte.

Oftmals sitzen Politiker in den Aufsichtsgremien oder sind gar deren Vorsitzende. Meist bleibt es auch nicht bei einem Posten. Viele Stadträte, Landtagsabgeordnete und Minister sitzen in sechs, vielleicht auch acht Aufsichtsräten. Es stellt sich die Frage, ob die Kontrollaufgabe darunter nicht leidet.

Zu wenig Fachwissen und Zeit

Der Wirtschaftswissenschaftler Manuel Theisen erklärte in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“, für einen Aufsichtsratsposten sollten mindestens 20 Arbeitstage im Jahr aufgewendet werden, weit mehr noch für einen Vorsitz. Mit mehreren Aufsichtsratsmandaten würden so schnell 100 oder 200 Arbeitstage im Jahr zusammenkommen. Der Wirtschaftswissenschaftler Michael Wolff attestierte den Politikern in der ARD-Sendung Plusminus zu wenig Fachwissen und Kompetenz für ihre Aufsichtsratsposten.

Die Grünen-Abgeordnete im Saarbrücker Stadtrat Karin Burkart sieht das nicht so. Sie ist in sechs Aufsichtsräten vertreten. "Ich bin sehr zufrieden, kann mich sehr gut vorbereiten. Es dauert sicherlich am Anfang, bis man das Unternehmen kennt“, sagt Burkart auf SR-Anfrage. Der Zeitaufwand sei ihrer Ansicht nach hoch, aber „kein Problem“.

Der CDU-Landtagsabgeordnete und Neunkircher Stadtrat, Tobias Hans, hat drei Aufsichtsratsmandate. Bei ihm nehme – im Vergleich zu den Pflichten als Abgeordneter – die Arbeit als Aufsichtsrat einen nur „untergeordneten Zeitumfang in Anspruch“. Die Vorbereitung von Aufsichtsratssitzungen erfolge in den Randzeiten am Vormittag und am Abend. Inhaltlich ergänzten sich seine Gremienarbeit und die Arbeit in den Aufsichträten, da die Themenbereiche ähnlich seien.

Aufsichträte müssen auch selbst aktiv werden

Allerdings gibt es nach Meinung von Burkart auch Schwierigkeiten bei der Arbeit als Aufsichtsrätin. „Ich bemängele, dass man von der Geschäftsleitung mitunter zu spät eingebunden wird.“ Zudem dürfe man sich nicht nur auf deren Angaben verlassen, sondern auch den Kontakt zum Personal halten. Deshalb sei es auch wichtig, Empfänge oder Mitarbeiterfeste wahrzunehmen und dort mit den Mitarbeitern zu sprechen. Oder wie sie, als Mitglied des Aufsichtsgremiums der Bäderbetriebsgesellschaft, im Schwimmbad auch mal mit dem Bademeister sprechen.

Genauso argumentiert auch Wirtschaftsexperte Theisen. Nach dem Gesetz sei der Aufsichtsrat nicht Berichtsempfänger. Er müsse sich notfalls bei Dritten kundig machen und Experten befragen, falls er etwas nicht vollständig verstehe. Aufsichträte hätten auch eine Hol-Schuld, was Informationen angehe.

Müssen Aufsichtsräte mehr Verantwortung übernehmen?

Der Fachanwalt für Gesellschaftsrecht, Ulrich Tödtmann, wies in Plusminus auch auf die Haftung hin. Selten werde ein Aufsichtsrat finanziell zur Rechenschaft gezogen. Fehler seien auch kaum nachzuweisen. Ähnlich sieht es Wolff. Ohne persönliche Haftung sei der Anreiz gering, tatsächlich zu kontrollieren. Dem stimmt Hans nicht zu. „Solange es sich nicht um hauptamtliche Aufsichtsräte handelt, halte ich die derzeitigen Haftungsregelungen für ausreichend. Auch die Rechtsprechung hat hier in jüngster Zeit für klare Grundsätze gesorgt.“

Grundsätzlich habe sich das System der Kontrolle von Unternehmen mit öffentlichen Beteiligungen bewährt, so der CDU-Politiker. „Ein Kontrollgremium kann jedoch nur die Vorgänge überwachen, über die es auch informiert wird.“ Deswegen sei die Einhaltung des „Vieraugenprinzips innerhalb der Unternehmensführung“ wichtig.

FDP fordert Begrenzung von Aufsichtsratmitgliedsschaften

Die Saar-FDP fordert, bei der Besetzung von Aufsichtsräten mehr Augenmerk auf die fachliche Kompetenz zu legen. Generalsekretärin Nathalie Zimmer schlug außerdem vor, die Zahl der Aufsichtsratsmitgliedschaften generell auf maximal drei Mitgliedschaften pro Person zu beschränken.

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