Der Vorstand der Refugee Law Clinic Saarbrücken e.V.  (Foto: Privat)

Erfahrungen sammeln für den guten Zweck

Carla Sommer   19.10.2015 | 09:00 Uhr

Die Hilfsbereitschaft für Flüchtlinge in Deutschland ist groß. Auch Jura-Studenten der Universität des Saarlandes wollen ihren Teil beitragen. Darum hat eine Gruppe der angehenden Anwälte eine Initiative für kostenlose Rechtsberatung gegründet.

Jura-Studenten werden es kennen: Gerade mal ein Semester studiert, schon werden sie als Rechtsexperten zur Rate gezogen. Wie kann ich mein Zeitungs-Abonnement kündigen? Und kannst du dir mal meinen Mietvertrag durchlesen? Auch Carsten Klose, Student der Rechtswissenschaften an der Universität des Saarlandes (UdS) wird von Freunden und Bekannten häufig um Rat gebeten.

Künftig will Klose aber auch noch anderen Menschen helfen, die sich Rechtsbeistand nicht leisten können. Im Frühjahr hat der 28-jährige, der kurz vor dem ersten Staatsexamen steht, zusammen mit Kommilitonen die Refugee Law Clinic Saarbrücken e.V. gegründet. Dort wollen die Studenten Flüchtlingen und Asylbewerbern eine kostenlose Beratung bei rechtlichen Fragen und sonstigen Herausforderungen in Deutschland anbieten.

Ehrenamtliches Engagement als Ausgleich

Die Refugee Law Clinic Saarbrücken ist ein eingetragener Verein mit derzeit rund 60 Mitgliedern und 90 Unterstützern. Bis das Projekt richtig losgehen kann, wird allerdings noch ein knappes Jahr vergehen. Denn bevor die Studenten Beratung leisten können, müssen sie erst eine einjährige Vorlesungsreihe zu Asyl- und Ausländerrecht belegen, die offiziell nicht im Curriculum der Universität steht. Die Seminare und Vorlesungen starten zum neuen Wintersemester.

Warum Klose sich den extra Stress so kurz vor dem Staatsexamen antut? Für ihn ist die praktische Arbeit an dem Projekt ein Ausgleich zu dem sehr theoretischen Jura-Studium. Zudem sei es wichtig, dass die Flüchtlinge, die nach Deutschland kommen, zu ihrem Recht kämen. "Natürlich darf man sich selbst nicht überlasten. Aber man muss das auch mal in Relation setzen: Uns geht es so viel besser als diesen Menschen. Es ist eine Selbstverständlichkeit, die Hilfe zu leisten, die man leisten kann", sagt Klose. Dass sich diese ehrenamtliche Arbeit gut im Lebenslauf machen könnte, ist für Klose kein vordergründiger Anreiz. "Es ist natürlich schön, wenn dem späteren Arbeitgeber das auffällt. Ich bin mir aber nicht mal sicher, ob alle Arbeitgeber dieses Engagement so gut finden."

Law Clinics werden immer populärer

Law Clinics kommen aus den USA und werden auch in deutschen Universitätsstädten aktuell immer populärer. Die Idee: Jura-Studenten dürfen zwar noch nicht wie Anwälte Fälle übernehmen, dafür können sie Menschen, die sich keinen Anwalt leisten können, in Rechtsfragen beraten. An Universitäten in den USA sind Law Clinics ein fester Teil des Studiums. An deutschen Hochschulen sind sie aktuell noch wenig etabliert. Denn dass Nicht-Anwälte juristisch tätig werden, ist in Deutschland erst seit 2008 erlaubt und wird immer wieder rechtlich diskutiert.

Einige Professoren und Anwälte setzen sich aber aus persönlichem Interesse für die Law Clinics ein und unterstützen die Studenten. Sie halten die erforderlichen Vorlesungen zum Asyl- und Ausländerrecht und stehen bei komplizierten Fällen als Ansprechpartner und Berater zur Verfügung.

Heiko Maas als Schirmherr

Prof. Dr. Thomas Giegerich, Inhaber des Lehrstuhls für Europarecht, Völkerrecht und öffentliches Recht und Direktor des Europa-Instituts der UdS ist einer der Ansprechpartner der Law Clinic Saarbrücken. Dass die juristische Fakultät der studentischen Initiative bislang eher zurückhaltend begegnet, erklärt er mit der fehlenden Erfahrung mit solchen Law Clinics. "Die Refugee Law Clinic ist ein Projekt, von dem sowohl die Hilfesuchenden als auch die Studierenden profitieren. Darum halte ich das für höchst förderungswürdig", meint Giegerich. "Ich bin mir sicher, dass Initiativen dieser Art auch an deutschen Universitäten bald besser angenommen werden."

Neben weiteren Professoren und Anwälten aus ganz Deutschland konnte die Refugee Law Clinic Saarbrücken noch einen weiteren wichtigen Unterstützer für ihre Sache gewinnen: Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) steht als Schirmherr hinter dem Projekt. "Wir haben einfach offiziell angefragt und er hat zugesagt", erklärt Klose. "Dass er sich bereit erklärt hat, unser Schirmherr zu werden, hat uns alle positiv überrascht."

"Auch in einem Jahr noch wichtig"

Auch Interessierte, die nicht Jura studieren, können sich in der Saarbrücker Law Clinic engagieren und an den Fortbildungen teilnehmen. Informationen dazu halten die Studenten auf ihrer Webseite bereit. Auch Dolmetscher, zum Beispiel für Arabisch, werden noch händeringend gesucht. „Zur Not werden wir uns aber auch auf Englisch oder mit Händen und Füßen mit den Flüchtlingen verständigen“, sagt Klose. Den ersten Kontakt zu den Flüchtlingen sollen karitative Organisationen wie die Diakonie oder das Deutsche Rote Kreuz herstellen. Falls die Flüchtlinge zum Beispiel Ärger mit den deutschen Behörden haben, können sie sich an die angehenden Juristen wenden.

Carsten Klose ist sich sicher, dass der Bedarf an Initiativen wie der Refugee Law Clinic in Saarbrücken groß ist: „Wir haben schon im Vorfeld viele Anfragen von Flüchtlingen im Saarland bekommen. Und auch in einem Jahr wird das Projekt noch sehr wichtig sein.“

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