Barbara Grech (Foto: Pasquale D'Angiolillo)

"Das Erbe" macht zu. Ein Kommentar.

Barbara Grech   28.11.2015 | 08:02 Uhr

Die Bergbauaustellung "Das Erbe" in Reden hat Ende November 2015 ihre Pforten geschlossen. Einst als Aushängeschild eröffnet worden, blieben die Besucherzahlen vom "Erbe" immer hinter den Erwartungen zurück. Millionen von Euro "verballert", findet SR 2 KulturRadio Reporterin Barbara Grech. Ein Kommentar.

Und wieder einmal hat die saarländische Landesregierung zwei Millionen Euro verballert – und es bleibt: nichts! Außer ein virtueller Auftritt im Netz. Dafür, dass das Saarland eigentlich kein Geld hat, wurde ganz schön viel Geld in den letzten Jahren in der Industriekultur verpulvert, ohne dass etwas Nachhaltiges entstanden wäre.

Was hätte man nicht alles aus dieser Ausstellung und dem Zechengebäude in Reden machen können! Mit wenig Mehraufwand und wenig Mehrkosten. Ein lebendiges Kulturzentrum, in dem sich die Bergleute mit Schülern oder interessierten Mitbürgern hätten treffen können. Wechselausstellungen im Verlesesaal. Ein schickes Café als Begegnungsort mit Freiterrasse vor dem Zechengebäude. Dazu Konzerte, Lesungen, kurz: Ein Ort, der lebt.

Gesamtpaket fehlte

Man hätte ein Gesamtpaket konzipieren können unter dem Motto: Kohle. Die geologische Sammlung aufmöbeln und sogar einen Bogen zu den Dinos von Gondwana schlagen können. Das wäre ein Konzept gewesen, das man auch überregional hätte bewerben können. Dafür hätte man die politische Werbetrommel rühren und hart mit der RAG-Stiftung verhandeln müssen, einen Großteil der Kosten zu übernehmen.

Stattdessen ließ die Initiatorin dieser Ausstellung zum Ende des Bergbaus im Saarland, Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer, die chronisch unterfinanzierte Ausstellung schlicht im Stich, nachdem sie sie für ihre politischen Zwecke ausgeschlachtet hatte. Nach dem Motto: seht her – ihr Bergleute, ich habe was für euch getan. Doch die Bergleute kamen nicht. Aus verletzter Eitelkeit, weil sie – ihrer Meinung nach – in die Vorbereitung dieser Schau der Erinnerungskultur nicht angemessen beteiligt wurden.

Dieser Trotz wird sich im Übrigen noch als Fehler erweisen, spätestens dann, wenn die Bergmanns-, Hütten- und Knappenvereine im Saarland merken, dass es keinen Ort mehr gibt, der von ihrer Kultur- und Sozialgeschichte erzählt und außer dem Barbara-Tag und ein paar Besucherstollen nichts mehr bleibt was in der Öffentlichkeit sichtbar ist.

Abgeschoben und totverwaltet

Auf jeden Fall verlor Kramp-Karrenbauer das Interesse an dieser Ausstellung, schob sie zur Industriekultur und somit ins Wirtschaftsministerium ab und dort wurde sie dann erfolgreich totverwaltet. Wieder einmal wurde etwas geschaffen, das man hätte auf- und ausbauen müssen. Wieder einmal hat die Kraft und Überzeugung dafür gefehlt. Was hier fehlt in der Kulturpolitik – und da gehört die Industriekultur dazu - ist Kontinuität. Der Wille, etwas weiterzuentwickeln. Stattdessen wird – je nach Minister-Gusto - wieder eine neue Sau durchs Dorf getrieben. Stichwort: Popkultur im Saarland. Wie da eine tragfähige Kulturlandschaft entstehen soll, weiß der Teufel.

Es wird Zeit, dass Kultur und Industriekultur von einer Hand betreut und entwickelt werden. Es wird Zeit, dass die Politiker erkennen, das Industriekultur nicht nur zum Wundenlecken einer untergegangenen Industrie und deren Beschäftigten dient, sondern der Identitätsfindung eines Landes und ihrer Bewohner und ich bezweifle, dass dies mit kostengünstigen aber virtuellen Auftritten im Internet gelingt. Das Erbe – zu finden im Internet. Die Straße des Bergbaus – zu finden im Internet. Irgendwann – wenn das so weiter geht – wird wahrscheinlich auch das Saarland nur noch im Internet zu finden sein.

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